Dienstag, 20. März 2012

Die Geschichte - Teil 59

Moses Pelham, schwarzer Rapper aus Frankfurt, wollte mit dem Rödelheim-Hartheim Projekt seine bittere Vergangenheit aufarbeiten. Den Frust und den Hass über die Musikindustrie brachte er in seiner ersten eigenen Produktion "Direkt aus Rödelheim" zum Ausdruck. Moses war schwarz, auf seinem CD-Cover klebte ein Sticker mit seinem RHP-Logo, das ein Hakenkreuz zerschmetterte und darüber das Böhse Onkelz - Zitat : "Für die Blinden und die Tauben." Um seine Loyalität zu Frankfurt und zu den Onkelz zu demonstrieren, trug er bei allen denkbaren Anlässen, sogar bei der Vorstellung seiner eigenen LP, ein Böhse Onkelz-Shirt. Heinz Cannibol von MCA, Pelhams Plattenfirma, war entsetzt. Nicht nur lief er als Farbiger  mit Glatze und Onkelz-Shirt rum, er machte auch klare Aussagen gegen Rassismus, und er sprach für die Böhsen Onkelz. Die Presse war so verwirrt, dass man überall über ihn sprach, ihn diffamierte, beschuldigte, beschimpfte und verehrte. Das RHP wuchs zu einer Formation heran, die sogar den Respekt der Onkelz genoss.

Das Konzert in München am 24.11.94 fand nicht ohne größere Probleme statt. Niemand unter 18 durfte in die Halle. Das hieß, dass bei einer ausverkauften 4000er Halle, plötzlich nur 1500 Fans eingelassen wurden. Ein strenges Alkoholverbot wurde von 500 Polizisten in Demo-Ausrüstung kontrolliert.
Die Konzerte der 94er Herbsttour verliefen fast störungsfrei, dennoch endete sie am 10.12.94 in Vilsbiburg mit einem Eklat. Thomas Hess, Chef der IH-Security, war mit seiner Böhse Onkelz Tour fast am Ende. Die Stadt Vilsbiburg machte ihm einen Auflagenkatalog, der noch vor dem Konzert zu erfüllen war. Unter anderem forderte die Stadt 40 zusätzliche Ordner an Eingang und Bühne, die sie zwar selber stellte, die aber von Thomas bezahlt werden sollten. Am Abend weigerten sich die zusätzlichen Ordner, bei der Personenkontrolle am Eingang mitzuhelfen und standen nur im Weg herum. Als der Veranstalter nach einem guten Konzert im Produktionsbüro auftauchte und die "Restgage" auszahlen wollte, die um 50 000.- DM geringer ausfiel, als vertraglich zugesichert, da flippte Thomas völlig aus. Innerhalb von Sekunden legte er dem Mann Handschellen an, kettete ihn an das Waschbecken und stellte zwei seiner breitesten Jungs als Wachen vor die Tür. Danach kassierte er die Bierstände ab und verteilte Quittungen an die aufgeregten Bierausschenker, solange bis er seine 50 000,- DM zusammen hatte. Nachdem er den Veranstalter laufen gelassen hatte, wurde er in einer filmreifen Szene vom "Riot Squad" des Vilsbiburger Police-Departments festgenommen. Es hätte nur noch gefehlt, dass sich die Bullen beim Stürmen des Büros auf dem Boden abgerollt hätten. Die Presse stand am folgenden Tag ganz im Zeichen des großen Böhse Onkelz Skandals : "Veranstalter ans Waschbecken gekettet !" Der Fall wurde aufgeklärt, der Mann musste zahlen und Thomas wurde freigesprochen.

Kevin war auf dem Weg der Besserung. Seit dem Sommer hatte er eine Wohnung im Osten der Stadt. Er stellte seine Gewohnheiten von Grund auf um. Er lebte zurückgezogen und bescheiden. Zwar war die Zeit der harten Drogen jetzt vorbei, aber an eine Integration in das normale Leben war noch lange nicht zu denken. Kevin hielt sich immer noch fern von allem und jedem. Seine Isolation war etwas, was man nicht so leicht zerschlagen konnte.

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