Sonntag, 29. Januar 2012

Das Geheimnis meiner Kraft


Ich will keine Gnade und ich gebe keine
ich bin brennendes Benzin, ein Ritt auf Messer´s Schneide.
Du hast mir grade noch gefehlt, ich kann dich sowieso nicht leiden
Nasch ab und gesell dich zu meinen Feinden.

Fickt nicht mit dem Teufel, stellt ihm keine Fragen.
Fangt an zu beten und lest die Packungsbeilage.
Wut ist das Geheimnis, das Geheimnis meiner Kraft
und wenn ihr anfangt mich zu mögen, weiß ich, ich hab was falsch gemacht.

Dieses Lied macht nicht beliebt, drauf geschissen, ja was soll´s
Ich will, dass ihr mich haßt, denn eure Feindschaft macht mich stolz.
Ich hasse Kompromisse und ich hasse dich.
Es gibt zu viel von deiner Sorte und das gefällt mir nicht.

Ich bin im Krieg mit Gott und der Welt
das macht mich nicht beliebt und bringt kein Geld.
Doch ich erhebe mich, um mich der Welt zu zeigen.
Ich durchbreche alle Mauern und alles Schweigen.

Album
Viva los Tioz (1998)

Freitag, 20. Januar 2012

Die Geschichte Teil 53

1993
Kevin wollte nicht mehr leben. Sein Gesicht war mit frischen Schnittwunden übersät. Links und rechts trug er zahlreiche Pflaster, Rasiermesserschnitte, die ihm irgendwelche Dealer zugefügt hatten. Manche Wunden gingen sicherlich auch auf sein eigenes Konto. Er konnte seine Schuhe nicht mehr anziehen. Kein Muskel tat mehr das, was er sollte. Barfuß, vollbärtig und ein Bein nachziehend schleppte er sich zur Trinkhalle Ost und ließ den Jägermeister anschreiben. Im Januar 93, als er halb erfroren und halb tot war und das H alle war, zog er den Jägermeister auf die Pumpe und jagte ihn sich in die Vene.
Moni hatte sich bei verschiedenen Ärzten erkundigt. Sie war in Krankenhäusern gewesen, bei der Drogenberatung und in mehreren Therapiezentren, oft mit Stephans Hilfe. Ohne Geld ging schon mal gar nichts. Eine Bekannte, die als Nachtschwester arbeitete, klaute Pillen und Medikamente, die die Schmerzen des Entzugs lindern sollten. Es half nichts. Tätowieren konnte Kevin schon lange nicht mehr. Die letzten Bilder, die er gestochen hatte, waren grauenhaft verwackelt. Viel Geld hatte er verdient mit dem "piken", geblieben war ihm nichts. Immer wenn ein wenig Onkelzkohle reinkam, brach Kevin alle Entzugsversuche ab und ging "was Braunes" kaufen.

Ein neues Jahr bedeutete neue Angriffe, neue Feinde und neue Erfahrungen. Das wiederum führte zwangsläufig zu neuen Liedern. 1993 würde Stephan einige der Forderungen erfüllen, die andere Kritiker ihm und der Band auferlegt hatten. Jedoch nicht, um diesen Leuten zu zeigen, dass sie sich fügten, sondern einzig und allein, weil die Onkelz selber das Gefühl hatten, sich noch eindeutiger distanzieren zu müssen, von dem was passierte. Und um der Presse zu zeigen, dass sie sich nicht davor scheuten, unter ihrem eigenen Namen weiterhin gegen alles und jeden vorzugehen. Warum also nicht auch gegen Rechts ? Sie hatten nichts zu verlieren, und Nazis waren ihnen sowieso verhasst. Wenn jeder Journalist, der zu faul zum Recherchieren war, es schwarz auf weiß brauchte, dann sollte er es kriegen. Und zwar als Doppelschlag, als Links/Rechts-Kombination, mitten ins Gesicht.
Viele neue Lieder gingen 1993 auf Stephans Eindrücke während seiner Reisen zurück - er war im Frühjahr mit Sven Väth in Indien und Nepal gewesen - viele Verse entstanden durch Inspiration, die er sich durch das Lesen von Büchern geholt hatte, und alle spiegelten sie die Erfahrungen der Band wieder, die die Zeit seit der Heiligen Lieder bis jetzt geprägt hatten.
"Schwarz/Weiß", die 93er Doppelveröffentlichung war ein großer Sprung in Text und Aussage. Stephan war in der Lage, seine Drogen- und seine Lebenserfahrungen intellektuell und kreativ umzusetzen. Die Band Riss er dabei einfach mit.

"Nächtelang gezecht, mich ins Koma gesoffen . . ." . Kevin hatte weder Kindheits- noch Jugendtrauma jemals richtig verarbeitet. Ihm fehlte jegliches Vertrauen in das eigene Handeln. Er kannte gar keinen anderen Antrieb als den Hass. Selbst wenn er einmal Glück haben würde, so würde er es sich nicht gefallen lassen. Dann würde er das Glück nehmen und drauf rumtrampeln, bis es sich in Leid verwandelte. Er konnte nicht anders. Kevin suchte das Misslingen mehr als jeder andere. Der Pluto, der Planet, der die dichteste Masse besaß und die Menschen an die dunklen Seiten der Seele kettete, das war Kevins Stern. Seine ganze Konstellation war auf Krieg ausgerichtet. Saturn, Mars, Uranus. Ob Kevin wollte oder nicht, er musste wirken am Webstuhl der Gewalt. Im Grunde bewunderte er Stephan für dessen Stärke, und ohne ihn wäre er sicherlich schon längst tot, aber die Tatsache, dass Stephan so ultrakrass zu sich und seinen Mitmenschen sein konnte, machte ihn fertig. Stephans Kritik konnte vernichtend sein. Weidner konnte Dinge sagen und Menschen dabei in die Augen gucken, dass ihnen die Beine wegknickten. Er riss die Verantwortung an sich, wo immer er auftauchte, und immer, wenn jemand ihm zu misstrauen begann, sagte er etwas Besonnenes, so dass ihm jeder wieder gern vertrauen wollte. Stephan besaß eine psychische Kraft, die so stark und skrupellos sein konnte, dass er Leute in seinem Umfeld regelrecht entmündigte. Wenn Kevin sich ihm anvertraute, blieb ein bleierner Geschmack zurück.

Donnerstag, 19. Januar 2012

Die Geschichte Teil 52

Im Dezember kristallisierten sich endlich die Personen heraus, die in Deutschland systematisch gegen die Onkelz arbeiteten. Da war zum einen die Industrie. W. Orthmeyer von WOM, der massiv auf den Handel einwirkte und Th. Stein von BMG-Ariola, der jedem seiner Mitarbeiter mit Rausschmiss gedroht haben soll, falls dieser etwas mit den Onkelz zu tun hätte oder sich positiv über die Band äußern würde. Große Tiere bei CBS, Sony, MCA und WEA teilten diese Einstellung. Weiterhin die Mega-Konzertveranstalter M. Lieberberg und F. Rau, die immer wieder darauf hinwiesen, dass ihnen die Statements der Onkelz nicht ausreichten. alle waren sie große Verfechter der "Namensänderungstheorie". In Frankfurt kämpften D. Lieberberg, R. Scheffler und M. Friedmann von der CDU gegen die Böhsen Onkelz.
Hinzu kamen deutsche Künstler und Stars, von Campino über Lindenberg zu Gröhnemeyer und Maffay, die alle etwas über die Band zu sagen wussten.

M. Lieberberg wollte das größte und strahlendste Zeichen gegen Fremdenhass setzen, das Deutschland je gesehen hatte. Er versammelte 150 000 Stars vor der Frankfurter Festhalle ( Scorpiens, Bap, Westernhagen, Tote Hosen, die Prinzen, Klaus Lage, usw.). Alle waren da und alle waren sich einig. Für Toleranz, für Völkerverständigung, für Frieden, gegen Fremdenhass und Ausländerfeindlichkeit und gegen die Böhsen Onkelz.

"La Ola von der Messe bis zum Hauptbahnhof"
". . . Den Böhsen Onkelz, die mit ausländerfeindlichen Texten in der rechten Szene Anhänger gesammelt haben und aus unerfindlichen Gründen auch bei dem Konzert gegen rechts mitmachen wollten, sei freundlich aber bestimmt abgesagt worden . . ."
(Tagesblatt)

Das Festival "Rock gegen Rechts, Heute die - morgen Du", war eines der größten seiner Art. Noch im Sommer hatten die Onkelz in mehreren Zeitungen eine halbseitige Anzeige gegen Faschismus geschaltet und um eine faire Chance gebeten. Diese Absage war die kollektive Rache der Musikindustrie an der Band für den Hitparadenplatz Nr. 5 im September. Und alle waren sich einig darüber, dass sie gerade etwas Großartiges leisteten. In der FAZ war am nächsten Tag zu lesen :
"Die umstrittenen Böhsen Onkelz . . . wollten sich gern durch eine Teilnahme an dieser Aktion des guten Willens rehabilitieren. Leider wurde ihr guter Wille nicht zugelassen und damit die Chance vertan, populäre  Identifikationsfiguren von Jugendlichen, die für ausländerfeindliche Parolen anfällig sind, in die Aktion für Freiheit, Gleichheit und Menschlichkeit zu integrieren. Wenn die deutsche Rockszene nicht einmal in der Lage ist bekehrte Punk-Extremisten in die eigenen Reihen aufzunehmen, wenn hier keine Toleranzgrenzen überwunden werden können, wie sollen dann erst die internalisierten Vorurteile und Hassgefühle von Skins aufgeweicht werden ? Vielleicht hätten die Böhsen Onkelz den kommunikativen Brückenschlag zum feindlichen Lager geschafft, vielleicht wäre die Versöhnungsgeste ihrer Beteiligung als Signal von jenen Jugendlichen verstanden worden, die eben nicht nur die "guten Bap-Menschen" hören, sondern auch Rockmusik voller Gewaltsymbolik."


Freitag, 13. Januar 2012

Weit weg


Du bist gegangen im Streit um nichts
doch ich kann mich nicht korrigieren, nicht mal für dich.
Es juckt und brennt, es quält und martert,
es kotzt mich an, unser menschliches Theater.

Weit weg, weit weg von besseren Tagen.
Weit weg, allein mit tausend Fragen.
Weit weg, ich hör dich weinen.
Weit weg, hat die Sonne aufgehört zu scheinen.

Unsere Chance hat die Stadt verlassen. Wir stehen vor dem Nichts.
Wie Sterne, die ins Dunkel fallen, sterbendes Licht.
Es riecht nach Herbst, nach Untergang und Särgen.
Winter im Herz, keine rühmliche Zeit, man fühlt den Sommer sterben.

Album
Viva los Tioz (1998)
Terpentin (Single, 1998)
Gestern war Heute noch Morgen (2001)