Freitag, 16. Dezember 2011

Die Geschichte Teil 51

Die Fortsetzung der Herbsttour war unmöglich geworden. Überall wurden Onkelzkonzerte verboten, Hallenpächter unter Druck gesetzt, Veranstalter bedroht und Ticketverkäufer angegriffen. Ein Angestellter einer Plakatierungsfirma, der die Heilige Lieder - Tourposter an die Werbefläche klebte, wurde von Autonomen mit dem Messer bedroht.
Dazu kam der Vorstoß der Musikindustrie beim Bundesverband Phono, alle rechtsradikale Musik schleunigst verbieten und die Onkelz aus den Charts ausschließen zu lassen.
Axel Merting, Platten- und CD-Ladenbesitzer in Darmstadt, der die Onkelz CD´s in seinem Laden verkaufte, bekam Drohungen per Telefon : "Haste ne gescheite Glasversicherung, weil es kann ja mal sein, dass ne Scheibe einfliegt." "Liegt dir was an deiner Gesundheit, dann hör auf mit dem Verkauf."
Auch der Vermieter der Eishalle in Darmstadt, war telefonisch schwer unter Druck gesetzt worden. Der Ticketverkauf wurde einestellt, der Erlös ging an den Ausländerbeirat der Stadt Darmstadt. Eine Entschädigung für die Fans gab es nicht.


Kevin hatte schlimme Paranoia und spülte sie mit 3 - 4 Litern Jägermeister pro Tag herunter. Russell war fast tot. Auge und Stephan holten ihn gegen Ende des Jahres aus dem Loch, in dem er lag. Kevin drückte. Jeden  Tag und jede Stunde. Dauernd musste er sich selbst verbinden, weil er sich ständig etwas aufschnitt. Füße, Arme oder Bauch. Dazu kam ein weiterer Überfall eines Dealers, der ihm das halbe Ohr abgerissen hatte. Kevin sah aus, als wenn ihn ein Panzer überfahren hätte. 60 Stiche am Kopf, strähnige, lange Haare, Vollbart bis zur Brust, die Pumpe im Arm, den Gürtel im Maul, barfuß im Winter, blutig von oben bis unten. Die totale Verwahrlosung. So sah er aus, wenn er drauf war. Wenn die Schmerzen kamen, dann wurde es schlimmer. Dann bekam er Wahnvorstellungen, brüllte und schrie. Wenn es soweit war, dann lief man am besten vor ihm davon. Dann wurde er rasend vor Hass auf sich selbst, auf die Böhsen Onkelz, auf Stephan, auf seine Mutter, die Politiker, die Rechten, die Linken, die Ausländer, auf alles. Kevin hasste das Leben mehr als jeder andere Mensch auf Gottes verfluchtem Planeten. Seit er zu drücken begonnen hatte richtete sich dieser geballte Hass nur noch gegen eine Person, und die war er selbst. Für Schlägereien war er längst zu schwach. Kevin wollte Schluss machen. Es reichte ihm so dermaßen, dass er hoffte, eines Tages nicht mehr aufzuwachen. Im Golden Sword hatte er drei Wochen im Koma gelegen und niemanden an sich herangelassen. Nicht einmal Stephan hatte noch mit ihm reden können. Zwischen jeder Flasche Jägermeister setzte er sich einen Schuß und wenn nichts mehr ging, dann kotzte er alles an die Wand. Niemand außer Stephan und Auge hatte schließlich den Mut aufbringen können, ihn aus diesem Elend herauszuholen. Der Anblick, der sich ihnen bot, war mehr, als ein normaler Mensch ertragen konnte. Das Heroin hatte ihn zu etwas gemacht, dass nichts mehr mit dem Mann zu tun hatte, der er einmal gewesen war. Er hatte eine Fixermentalität angenommen, die sich in wirrem Gerede und in wirren Gesten ausdrückte und die seine ganze Persönlichkeit verschluckt hatte. In der Obermainstrasse hatten die Onkelz eine Wohnung angemietet, wo Kevin entziehen sollte. Dort brachten sie ihn hin, aber sobald er nicht mehr unter Beobachtung stand, schälte er sich aus seinem Matratzenlager und besorgte sich neues "H". Das war auch das Ende von "Golden Sword Tattoos".


In Rendsburg, am 2. 12., wurde das Konzert eine Stunde vor dem geplanten Beginn abgesagt. Die Stadt hatte Antifa und Onkelzfans im Vorfeld gegeneinander ausgespielt, solange bis sie eine Handhabe hatte, die Show wegen "Tumultgefahr" absagen zu können. Wären die Fans gekommen, die man der Band nachsagte, so hätte es Gewalt geben müssen. Dass alles friedlich blieb, kann also nur daran gelegen haben, dass diese Fans nicht da waren. Der Fernsehbericht auf Sat 1 am selben Abend sprach für sich.
". . . vor der Diskothek empörten sich rund 200 Konzertbesucher und die sahen ganz anders aus, als man es ursprünglich erwartet hatte. Nicht die erwarteten Skins standen vor der gut gesicherten Diskothek "Walhalla", sondern normale Teenager aus Rendsburg und Umgebung. Für sie war das Verbot nicht verständlich. Sie machten ihrem Ärger Luft.
Langhaariger Metalfan : ". . . wir wollen alle nur Heavy Metal hör´n, und wir woll´n die Onkelz hör´n. Wir sind nicht rechts und wir sind nicht links . . ."
Fazit der Sendung :
Sprecher : Wären die Fans gekommen, die man der Band nachsagt, hätte Rendsburg sicherlich keinen ruhigen Abend erlebt, zumal gewalltbereite Linke auf eine Konfrontation mit rechtsradikalen Skins nur zu warten schienen. Die Stadtväter müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, durch ihr zögerliches Verhalten eine Eskalation provoziert zu haben."

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen