Freitag, 30. September 2011

Koma - Eine Nacht, die niemals endet


Eine nächtliche Parade, ungebetener Bilder.
Eine Nacht, die niemals endet, ich gleite davon.
Eine einsame Leere, jenseits von Schmerz,
von Kummer und Worten umklammert mein Herz.

Und ich gehe durch die Tür, die Tür, die ins Alleinsein führt.

Ich sinke ins Nichts, in endlose Leere,
nur dunkles Geheimnis, erdrückende Schwere,
ich träume wahnsinnige Träume von Gnade und verzeihen,
erhabene Momente für die Ewigkeit.

Ich sehe Fetzen meines Lebens, Fragmente meines Seins,
wie Messer, die mein Herz durchbohren, stummes Schrein.
Hier gibt es keine Namen, ich weiß nicht, wer ich bin,
alles von Bedeutung verliert seinen Sinn.

Ich falle immer tiefer, immer tifer in den Traum.

Album
E.I.N.S. (1996)
Gestern war heute noch morgen (2001)

Auf gute Freunde


Verschüttete Träume, Bilder aus alten Tagen,
vom Wahnsinn, den ich lebte, und was sie mir heute sagen.
Ich schlief zu wenig und ich trank zuviel,
die Schmerzen im Kopf warn ein vertrautes Gefühl.

Ich trinke auf gute Freunde, verlorene Liebe,
auf alte Götter und auf neue Ziele.
Auf den ganz normalen Wahnsinn, auf das was einmal war.
Darauf, dass alles endet und auf ein neues Jahr, auf ein neues Jahr.

Blutige Küsse, bittere Pillen,
vom Schicksal gefickt - und immer 3 Promille.
Ich war Teil der Lösung und mein größtes Problem,
ich stand vor mir und konnte mich nicht seh´n.

Das Gras war grüner, die Linien schneller,
der Reiz war größer und die Nächte waren länger.
Alles Geschichte, und ich bin froh, dass es so ist,
oder glaubst du, es ist schön, wenn man Scheiße frisst ?

Alles nur Splitter, im Treibsand meiner Seele,
nur wenige Momente in einem Leben.
Ich höre himmliches Gelächter, wenn ich dran denke, wie ich war,
an das Rätsel, das ich lebte, und den Gott, den ich nicht sah.

Album
E.I.N.S. (1996)
Live in Dortmund (1997)
Gestern war heute noch morgen (2001)
Live in Hamburg (2005)

Nichts ist so hart wie das Leben


Courage heißt, alles zu riskier´n
alles zu setzen und vielleicht alles verlier´n
doch bist du bereit und setzt dein Ansehen auf´s Spiel
wirst du mit Scheiße überhäuft und kannst nicht davor flieh´n

Nichts ist so hart wie das Leben
wenn man sagt, was man denkt muss man mehr als alles geben
was hast du Arschloch schon jemals riskiert
ich meine nicht dein Leben, nein, was sich lohnt zu verlier´n

Denn wenn du stirbst ist eh alles vorbei
der Tod hat keine Konsequenzen, macht dir keine Scherereien
geradewegs in´n Himmel und alles ist in Butter
vielleicht ein paar Tränen deiner trauernden Mutter

Trenne dich von allem, es ist gar nicht so schwer
von deinen Vorurteilen sowieso, sie sind am wenigsten wert

Album
E.I.N.S. (1996)
Live in Dortmund (1997)

Meister der Lügen




Ich schätze die müh, die du dir machst
um mich zu bekämpfen, auch wenn du´s nicht schaffst
es ist leider zu spät, du wirst mich nicht los
vergeblich deine Mühe, ich bin schon zu groß

Doch ich bin wirklich gespannt was du noch instenierst
welche Lüge du erfindest, wie du noch manipulierst
Meister der Lügen, du verkanntes Genie
merk dir eins, ein Onkel fügt sich nie

Du hast dich überschätzt, dich und deine Macht
jetzt bin ich es, ich - der über dich lacht
ich bin sonst nicht so gehässig, doch ich muss dir gesteh´n
es ist ein geiles Gefühl dich am Boden zu seh´n

Du hast dich nie informiert, nie deinen Auftrag erfüllt
mich mit Scheiße beschmiert, immer als erster gebrüllt
doch ich bin zäher als du dachtest, ich gedeihe im Dreck
ich bin härter als hart, mich wischt man nicht weg.

Album
E.I.N.S. (1996)

Dienstag, 27. September 2011

Die Geschichte Teil 45

Als die Böhsen Onkelz im Juni 92 nach Hennef bei Bonn reisten, um die Songs für ihr 8. Studioalbum aufzunehmen, wusste niemand außerhalb der Band, wie schlimm es wirklich um ihren Sänger stand. Kevins Eskapaden und Exzesse waren nicht mehr zu überbieten gewesen. Ständig hatten ihm Tod oder Kollaps gedroht. Allmächtiger, was hatte dieser Mensch einen Bock auf seinen Tod gehabt. Als Sänger der Onkelz trug er für gewöhnlich den Mantel des Härtesten und er trug ihn gerne, aber das war seit Trimmis Tod vorbei. Er war am Boden zerstört, im Keller. Auf dem Weg ins schlimmste, asozialste Elend, in das ein Mensch nur abrutschen konnte. Seit zwei Jahren war Kevin Fixer und schwerer Alkoholiker. Die Aura des Härtesten war von ihm gewichen und darunter kam die Nacktheit des Traurigsten zum Vorschein. Wann immer im Zusammenhang mit den Böhsen Onkelz von der Hölle die Rede gewesen war, dann war es Kevin gewesen, der am weitesten in diese Hölle vorgedrungen war. So weit, dass er nicht ohne fremde Hilfe und nicht ohne schwere Verstümmelungen an Leib und Seele zurückkehren konnte. "Golden Sword" war schnell zur Kloake verkommen. Kevin war aus der 28 ausgezogen und hauste nun im Hinterzimmer seiner Tattoobude. Seine Kunden brüllte er an und warf sie aus dem Laden, oder er ließ sich von ihnen das Geld im voraus zahlen, lief damit zum Dealer, setzte sich einen Schuss und fing dann erst an zu stechen.Zweimal hatte er bereits versucht zu entziehen. Als er anfing durchzudrehen und die Schmerzen unerträglich wurden, gab es keinen Menschen auf der Welt, der ihn davon hätte abhalten können, sich erneut Heroin zu besorgen. Er hatte schon lange die Kontrolle über sein Leben verloren. Im Sommer 92 traten die junkieüblichen Verletzungen auf. "Druff" wie der krasseste Bahnhofspenner flog er durch die Glastür vom Golden Sword und schnitt sich den Ellenbogen auf. Genauso druff lief er dann in die Bullenwache nach nebenan und flatschte seinen triefenden Arm auf die Theke. Da hingen Fleischstücke heraus, Sehnen waren durchtrennt. Das war nur der Anfang. Kevin zahlte seine Rechnungen nicht mehr und schnell waren Strom und Wasser abgestellt. Bald wusste er auch nicht mehr, wieviel Kohle er welchem Dealer schuldete. H-Dealer waren ja keine harmlosen Männer, schon gar nicht in Frankfurt. Das waren Leute, die überhaupt keinen Spaß verstanden, bei denen Knarre und Messer locker saßen. Extrem verspannte Typen. Irgendwann war die Tür vom Golden Sword aufgebrochen und irgendwann standen zwei von diesen Dealern auf der Matte. Kevin konnte gar nicht so schnell gucken, wie sie ihm eine Metallstange ins Genick schlugen und seinen Laden zerlegten.



Was außerdem niemand wusste, der Bassist und Songschreiber der Band war kurz vor dem Überkochen. Stephan war außer sich vor Wut und Enttäuschung über die Ereignisse der letzten Jahre. Der Tod Trimmis, das Drama um Kevin und all das, was über ihn in der Presse zu lesen war, hatte ihn an den Rand der Belastbarkeit gebracht. Seine Telefonnummer hatte sich unter den Fans herumgesprochen und sein AB hätte auch der einer Telefonseelsorge sein können. Da gab es reihenweise Fans, die ihre Nöte und Ängste auf sein Tape schluchzten. Junge Mädchen, die sich das Leben nehmen wollten, und Mütter, die um einen Rat baten, der ihnen vielleicht die Kontrolle über ihre missratenen Söhne zurückgeben könnte. ". . . ich dachte, vielleicht könnten sie ja einmal mit ihm reden . . ."

Montag, 19. September 2011

Die Geschichte Teil 44

Rainer Funk, zu dieser Zeit Redakteur beim Metal Hammer, war ein Onkelzfan, das war offensichtlich. Er fand, dass es an der Zeit war, die Medien endgültig aufzuklären. Er besuchte eine Pressekonferenz, die Bellaphon anlässlich der Präsentation der "Wir ham noch lange nicht genug" veranstaltete und verfasste einen Bericht, der so positiv war, dass die M.H.-Redaktion ihn ändern musste.
". . . umso erstaunter war ich über die neue Offenheit, welche endlich das nötige Licht in die eigene Vergangenheit brachte, die, so hatte es bisweilen den Anschein, der Gruppe wie ein Mühlstein um den Hals hängt . . ."
Mike Seifert vom "Rock Hard-Magazine" war auch anwesend. Er machte noch einmal den Vorschlag mit der Namensänderung, worauf Stephan und Gonzo antworteten :
" . . . Es wurde in der Presse aufgrund einer gewissen Unbedachtheit unsererseits vieles über uns einfach so dargestellt, ohne dass es umfassend recherchiert worden wäre. Das heißt, ich kann gar nicht sagen, dass ich mich von so vielem distanzieren muss, denn ich finde nicht, dass wir so viele Dinge gemacht haben, die das rechtfertigen, was letztendlich über uns gesagt wird. Ich krieg Presseberichte in die Hand, wo über Ausschreitungen nach Konzerten von uns die Rede war, wo Ausländerheime zerschlagen wurden, an Orten, wo wir niemals gespielt haben . . .
. . . es wäre ziemlich einfach und verlogen gewesen, einen anderen Namen zu wählen . . ."
Am Ende seines Artikels im Rock Hard kam Seifert zu dem Schluss :
". . . Es liegt nun an den Lesern sich ein eigenes Bild zu machen. Ich persönlich, der ich nun alles andere als ein Freund rechtsgerichteter Gesinnung bin, möchte nur soviel sagen : Mir sind Leute, die ihre eigenen Fehler einsehen lieber, als z.B. jene, die den Spruch "Fascho verrecke!" draufhaben, der nur eine Umkehr des Nazi-Slogans "Juda verrecke!" ist und somit keinen Deut besser . . ."


Wie massiv die Presse 1991 bereits polemisierte, war in zahlreichen Tageszeitungen nachzulesen. Die Fachblätter dagegen waren distanziert und kritisch, aber durchaus tolerant und gewillt, die "neue" Ausrichtung der Band zu akzeptieren. Ein Heavy-Metal-Blatt machte da allerdings eine traurige Ausnahme. Der "Metal-Star" schlug in die alte Kerbe. Er veröffentlichte die von ihm kommentierten Onkelzstatements der Pressekonferenz unter der Überschrift "Nazis - No Fun, Die Böhsen Onkelz". Im "Metal-Star" erschien dieser Bericht nur, weil auch in dieser Redaktion der Bedarf bestand, sich unbedingt zum schlimmen Thema der Ausländerfeindlichkeit zu äußern. Die Böhsen Onkelz, mit ihren hohen Verkaufszahlen und ihrem vermeintlich rechten Ruf, waren geradezu ideal für solche Vorhaben. Da sprachen Stephan und Gonzo während der Präsentation vor gut 50 Journalisten und bezogen klipp und klar Stelling. Darüber, dass sie nicht im Osten spielten, weil sie nicht vor einer Horde von Faschisten auftreten wollten, und davon, dass sie die Kirche ablehnten, weil die sich mit dem Geld der Kirchensteuer fette Tempel baute, während die Menschen in der dritten Welt verhungerten. Das waren alles Worte, die, wenn man sie von den Onkelz persönlich gehört hatte, nicht hätten angezweifelt werden müssen. Hier aber hatte der "Metal-Star", dessen Meinung über die Band schon vor der Konferenz feststand, nichts Besseres zu tun, als alles Gesagte mit einem abschließenden Satz unglaubwürdig erscheinen zu lassen : "Sind die Onkelz schleimige Lügner oder nur unheimlich doof ? (Anm. der Red.)". Damit gab das Magazin seinen Lesern sogleich den Denkanstoß in die gewünschte Richtung. Distanzierungsversuche der Band wurden auf diese Art bewusst zunichte gemacht.


13. Dezember 1991. "Böhse Onkelz live in Wien".
In Wien gingen die Meinungen über die Onkelz auseinander. Stefan Weber, Chef der Antifa-Band "Drahdiwaberl", hatte Bauchschmerzen, bei dem Gedanken an die Band und die Glatzenhorden, die auftauchen konnten. Lokaler Veranstalter Chris Bauer war dagegen voller Zuversicht und Optimismus : "Die Onkelz sind das, was die Toten Hosen und die Ärzte gerne wären, hart, dreckig, wild", so äußerte er sich im Vorfeld der Veranstaltung, der Presse gegenüber. "Drahdiwaberl" war in Wien für ihre Sex-Gemetzel-Auftritte bekannt und berüchtigt. Dass das, was während dieser Gigs an optischer Schlachterei geboten wurde, um einiges härter und blutiger war, als eine gesungene Darbietung des "netten Mannes", fiel den wenigsten auf. um die Nervosität aus dem Wochenende zu nehmen, war der Auftritt der Onkelz für Freitag, den 13. geplant, die anderen Bands sollten am Samstag spielen. Seit dem letzten Jahr verteilten die Onkelz vor ihren Konzerten Flyer, die den Fan wissen lassen sollten, dass sie nichts mit Faschismus und dämlichen Parolen zu tun haben wollten. Um diese Meinung auch persönlich vor den Fans zu vertreten, hatte Stephan es sich angewöhnt, vor jedem Konzert auf die Bühne zu gehen und eine Ansage zu machen. In Wien hatten sie diesen Wortlaut :
"OK, Leute, ich bin der Stephan von den Onkelz, ich hab euch kurz was zu sagen. Wir ham´ heut´ Lust hier  ´n guten Abend zu verbringen. Wir wollen hier keine Parolen hören. Wenn hier irgendwelche Skins nerven, hör´n wir auf oder ihr fliegt raus. Eins von beidem. Tut euch und tut uns den Gefallen. Wir können hier eine Menge Spass haben, wenn ihr euch diszipliniert verhaltet. Last uns  ´n geilen Abend haben. OK. Bis später !"
Die Zuschauerzahl belief sich auf 1500 - 2000 Leute und die Stimmung war bombastisch. Jede Strophe wurde mitgesungen, jeder Song gefeiert. Kevin war betrunken  und gab alles. Außer, dass er bei "Eine dieser Nächte" die erste Strophe vergaß, machte er keine Fehler. Sein Gesang war nicht grausamer als sonst. Im Gegenteil, der Whisky schien seiner Stimme gut zu tun. Je mehr er trank, desto brutaler konnte er singen und desto geiler fühlte er sich.
Rainer Funk vom Metal Hammer durfte die Onkelz für das "Live in Vienna" Video interviewen. Auch hier gab die Band explizite Statements über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, über die Abkehr von Gewalt und über das Beschreiten neuer psychedelischer Wege.


Die Böhsen Onkelz waren zu einer ernstzunehmenden, aufrührerischen musikalischen Kraft geworden, und das machte sie für die Medien interessant, für die Fans anbetungswürdig und für die öffentliche Meinung gefährlich.

Sonntag, 18. September 2011

Danket dem Herrn



Danket dem Herrn, euer Elend geht zu Ende
das Warten ist vorbei, jetzt wackeln die Wände
ja, hier ist Kevin eure Stimme aus der Gosse
der wandelnde Wahnsinn mit Worten wie Geschosse
wir bringen´s auf den Punkt, sagen was sich keiner traut
gegen alle Regeln, es wird Zeit, dass ihr das glaubt
wir sind der Stachel im Arsch der Nation
glorreiche Halunken, nichts bleibt von uns verschont

Mit dieser Band hast du nicht viele Freunde
doch die die du hast teilen deine Träume
die die du hast teilen alles mit dir

Uns liegt das Herz auf der Zunge und hier sind die Beweise
wir sind duftende Blumen in Feldern voll Scheiße
hier sind Perlen vor die Säue, Angst für unsere Feinde
tröstende Worte, wenn´s sein muss auch gemeine
hier ist das rettende Ufer, euer heiliger Hafen
der Strohhalm für Ertrinkende. Koks für die, die schlafen
Geschenke für Verzweifelte, Lebenselexier
entartete Kunst von den fantastischen Vier

Album
E.I.N.S. (1996)
Live in Dortmund (1997)
Gestern war heute noch morgen (2001)

Zu nah an der Wahrheit



Wir kennen uns nicht, doch wir sind uns vertraut
irgendwie Seelenverwandt auch wenn du´s nicht glaubst
vielleicht stehe ich vor dir und du erkennst mich nicht
spielt das eine Rolle, wir sah´n ins gleiche Licht
wir sind wie du, glaub es oder nicht
früher oder später kriegen wir auch dich

Wir sind zu nah, zu nah an der Wahrheit, zu nah am Leben
zu penetrant um ignoriert zu werden
uns hört man nicht so nebenbei, wir wollen alles oder nichts
wir fordern dich heraus, sieh der Wahrheit ins Gesicht

Diese Band hat etwas Magisches, zog mich in ihren Bann
und so wie es mir selbst ging geht es jedem irgendwann
sie ist wie ein Virus und bist du erst infiziert
wird alles andere egal und es lebt sich ungeniert
sie ist unser Schicksal, wo wär ich ohne sie
wo wärst du in diesem Rennen ohne Ziel

Album
E.I.N.S. (1996)

Wie tief willst du noch sinken



Dein Geist ist schwach und du verlierst deine Macht
dein letztes bißchen Ehre, alles was du hast
ich zünd ´ne Kerze an, vielleicht erhellt sie deinen Geist
vielleicht zeigt sie dir Dinge von denen du nichts weißt

Wie tief willst du noch sinken, wie lange dich belügen
wie viele Tode willst du sterben, wie oft dich selbst betrügen
ja, diese Worte sind krass, verletzend und laut
doch nur wenn man schreit weckt man Tote auf

Du unterwirfst dich den Großen und trittst nach den Kleinen
du benimmst dich wie Scheiße auf zwei Beinen
Mann, musst du ein Arschloch sein und ich weiß nicht was noch
ein Arschloch so groß wie ein verdammtes schwarzes Loch
schlafe weiter deinen traumlosen Schlaf

Album
E.I.N.S. (1996)
Gestern war heute noch morgen (2001)

Freitag, 16. September 2011

Ihr sollt den Tag nicht vor dem Abend loben



Wir ham´ lange überlegt ob wir reagier´n
sollen wir schweigen, sollen wir euch ignorier´n
doch da wir sowieso dabei sind uns mit allen anzulegen
kommt das was wir von euch hören gerade gelegen
ihr ward immer schon kacke, schon immer zu weich
und eure Pseudomoral erkannten wir gleich
ihr spuckt ganz schön große Töne, könnt ihr euch das leisten
was wollt ihr damit bezwecken, was beweisen

Opium für´s Volk, Scheiße für die Massen
ja ihr habt es geschafft, ich beginne euch zu hassen
wenn ich so etwas sage ist es nicht gelogen
ihr sollt den Tag nicht vor dem Abend loben

Ich dachte erst noch : "leckt mich", doch ihr habt es übertrieben
ihr habt zuviel geredet und beschissene Lieder geschrieben
wer nicht hören will muss fühlen, ihr habt zu lange provoziert
zuviel Scheiße erzählt und nichts kapiert
legt euch nicht mit uns an, denn wir führen wahren Krieg
gegen Lügen und Dummheit und das macht uns nicht beliebt

Doch im Gegensatz zu euch kann uns nichts passier´n
denn wer keine Sympathie hat, kann sie auch nicht verlier´n
ganz anders als ihr sind wir Streß gewohnt
wir suhlen uns darin, nur so fühl´n wir uns wohl

Genug geredet, nur eins will ich noch sagen
wenn ihr Ärger wollt, den könnt ihr haben

Album
E.I.N.S. (1996)
Live in Dortmund (1997)

Kirche



Du bezahlst für ihren Segen, für die Angst vor dem Tod
dein Geld hält sie am Leben, gibt ihnen ihr täglich Brot
du hängst an ihren Lippen und du glaubst, dass du sie brauchst
dann klammer dich an sie bis du verfaulst, bis du verfaulst
bis du verfaulst

Ich scheiße auf die Kirche, ihren Papst und seinen Segen
ich brauch ihn nicht als Krücke, ich kann alleine leben
falls du das nicht kannst, ja, falls du ihn brauchst
dann werde mit ihm glücklich doch zwing mir nicht deinen Glauben auf

Zensur und Moralismus ist alles was sie bringt
eine halbe Erlösung, der Himmel stinkt
und du willst für sie sterben in ihrem Namen
für die Kirche, für ein Amen

Ich pisse auf den Papst und seine römische Zentrale
auf den Vatikan und seine Sklaven
ich glaube nicht an eure Worte, ich bin doch nicht bekloppt
denn wer keine Angst vor´m Teufel hat braucht auch keinen Gott

Album
E.I.N.S. (1996)
Gestern war heute noch morgen (2001)
Live in Hamburg (2005)

Mittwoch, 14. September 2011

Die Geschichte Teil 43

Eine andere Frau war in Stephans Leben getreten. Er brach seine 10jährige Liebe zu Pia im August 91 ab. Die Ranch meldete Konkurs an und schloss im September ganz. Auch Gonzo und Pe kündigten ihre Jobs. Sie wollten sich jetzt voll und ganz auf die Musik konzentrieren.
Am 20. September griffen rechtsradikale Gewalttäter ein Asylbewerberheim in Hoyerswerda an. 32 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Mehrere Dutzend ähnliche Übergriffe folgten. Zeitgleich erschien im "Musikmarkt", dem Pulsmesser der deutschen Musikindustrie, ein Artikel über die Böhsen Onkelz. Dieser Bericht hatte einen durchweg positiven Tenor und kam der Wahrheit ungewohnt nahe.
. . . sie waren Skins, lange bevor die Glatze zum Symbol für rohe Gewalt wurde . . . nun haben auch Veranstalter den Bannstrahl gelöscht. Langsam öffnen sich erneut die Hallentüren für Böhse Onkelz; das Publikum kann sich wieder ein Bild dieser Formation machen . . .
Solche Worte im Musikmarkt lösten großen Protest in der Branche aus. Besonders die Berliner fühlten sich aufgerufen die Öffentlichkeit von den schlimmen "Naziüberfällen" in Neuköln zu unterrichten. Der Berliner Radio DJ und Musikkritiker Barry Graves ließ sich zu einem Leserbrief hinreißen, der auf eindrucksvolle Weise seine Unkenntnis der Thematik demonstrierte.
". . . ich selbst werde darauf hinarbeiten, dass die Sender auch generell alle Produkte der Firma Bellaphon boykottieren, bis diese sich von der Band trennt. . . Die Gruppe appelliert nun mal an die niederen Instinkte von Neonazis. Ob sie das aus Überzeugung oder aus kommerzieller Berechnung tut, ist dabei gleichgültig. Sie hat sich auch nie in eindeutiger Weise von ihrem missverständlichen Repertoire distanziert . . . bräunlich schimmerndes Image . . . ausschließlich Neonazis . . . angesichts der deutschen Geschichte unverantwortlich . . ."
Etwas, das später immer wieder auftauchte, war in diesem Leserbrief bereits deutlich herauszulesen. Die verständliche große Wut über die gewalttätigen Übergriffe und die scheinbare Ohnmacht, dagegen etwas tun zu können. Diese Ohnmacht wurde bei jeder erdenklichen Gelegenheit an den Böhsen Onkelz festgemacht. Auf diese Art und Weise konnten die Menschen in der Musikindustrie ihre lupenreine politische Gesinnung zur Schau stellen. Sie konnten sagen, und das taten sie immer wieder : "Seht her, wir tun auch etwas gegen den Rechtsradikalismus, wir verbieten Böhse Onkelz Konzerte und wir boykottieren ihre Platten, jedenfalls solange, wie sie ihren Namen beibehalten !"
Die Änderung oder die Entschärfung des Namens war für die Band indiskutabel. Würden sie ihren Namen ändern, dann würde ihnen die Presse anschließend genau das zum Vorwurf machen. Eine Namensänderung wäre ein Eingeständnis von Schuld gewesen oder auch der Versuch, die Vergangenheit in Nebel zu hüllen. Das Gegenteil war der Fall. Als die große Skinheadband, die tonangebende Formation innerhalb der Szene, die sie von 83 - 85 gewesen sind, war es mutig gewesen den Namen beizubehalten und der Szene den Rücken zuzukehren. Um als Ikone von seinem Sockel zu steigen und seinen Anhängern "Leckt mich am Arsch" zuzubrüllen, brauchten sie eine Menge Selbstbewusstsein. Nicht ein Eingeständnis von Schuld wollte man machen, sondern ein Eingeständnis von begangenen Fehlern. "Böhse Onkelz" stand von 80 - 82  für Frankfurter Hardcorepunk der reinsten Sorte, von 83 - 85 für Straßenprotest und Skinheadkult. Von 86 - 90 war nicht viel über die Band zu lesen. Erst durch den politischen Einfluss und die Kampagnen der Medien seit 1990, wurde aus dem Namen Böhse Onkelz ein Synonym für "Rechts" - oder "Faschorock". Nicht die Fans und nicht die Texte festigten das Bild der Onkelz als "rechte Band", sondern die Artikel in den Zeitungen. Was die Band selber anstrebte, war, dass der Name irgendwann für "tatsächlich mögliche positive Wandlung" stehen sollte. NOCH EINMAL : Die Böhsen Onkelz waren seit 1985/86 keine Glatzen mehr, und die rechtsradikale Szene hasste die Onkelz. Die Frankfurter Band war 1991 in diesen Kreisen seit langem als undeutsch, langhaarig und links verschrien. Die wenigen Skins, die jetzt noch zu den Konzerten kamen, waren entweder älter als 25, politisch/unpolitisch/unverbesserlich und/oder gewalltbereit, oder sie waren jung und hoffnungslos dem 87/88er Kult verfallen.
90% der Konzertbesucher und Plattenkäufer waren Headbanger, Alkoholleichen und Teenies. 

Montag, 12. September 2011

H



Mit jedem Tag werden die Schatten länger
die Tage kürzer, die Kreise enger
Freunde gingen, die Einsamkeit kam
ja, selbst die Engel verschwanden irgendwann
denn mein Leben lag in Scherben, hatte seinen Sinn verlor´n
ich spürte nur gefrorene Leere, ich fühlte mich wie totgebor´n

Ich kostete den bitteren Geschmack der Einsamkeit
ich wollte es beenden, fast war es soweit
ich vergiftete mich selbst, doch ich hab es überlebt
ich verbrannte meine Brücken, ich weiß nicht ob ihr versteht
ich wollt ´nen Fensterplatz im Himmel doch ich schaffte seinen Schatten
ich tötete jedes Gefühl, alles was ich hatte

Jetzt wo ich clean bin wird mir alles klar
jetzt wo ich clean bin weiß ich wo ich war
es riss mich fort in eine andere Zeit, in andere Welten
ich floh vor mir, vor meinem Hirn und meinen Ängsten
durch die Mauern des Bewußtseins in das Reich des Vergessens
in nie endenden Rausch, vom Heroin besessen
vom "H" besessen

Album
Hier sind die Onkelz (1995)

Ich mache was ich will




Ich weiß es ist nicht leicht
wenn man seine Ziele nicht erreicht
ich kenne dein Problem
ich kann dich gut versteh´n
doch wenn du wirklich lebst
wenn du für deine Wahrheit gehst
wenn du wirklich an dich glaubst
bekommst du alles was du brauchst

Ich mache was ich will, ich tue das woran ich glaube
ich lebe meine Wahrheit, ich traue meinen Augen
ich gehorche meinen Worten, nur mir selbst

Ich mache was ich will
ich mache das, was mir gefällt

Ich rede nicht von Geld
sondern von dem was wirklich zählt
nicht von kleinem Glück
halt mich für verrückt
doch ich weiß wovon ich rede
ich weiß warum ich lebe
du bist das was du draus machst
du bekommst was du erschaffst

Und wenn ich tausendmal verliere
wenn ich dafür krepiere
du machst mir keine Angst
ich tue nicht was du verlangst
ich gehöre meinen Worten, meinen Worten, meinen Liedern
und falls du meine Sprache sprichst, sehen wir uns wieder

Album
Hier sind die Onkelz (1995) 

Finde die Wahrheit




Ich rieche Angst, ich rieche Korruption
erlahmten Glauben, Resignation
ich rieche eine kranke, eine kranke müde Welt
ich rieche Gier, die Gier nach Geld
ich rieche Böses und Bitterkeit befällt mich
das Leben stinkt, es stinkt gewaltig

Finde die Wahrheit, hab keine Angst
finde die Wahrheit solange du noch kannst
denn die Wege sind lang
und selbst der Tod ist nicht ihr Ende
wach endlich auf, reich mir die Hände

Ich laufe durch die Straßen und alles was ich seh
sind verlorene Seelen, gesichtslose Armeen
korrupte Bullen, Schulen voll Idioten
die falschen Götter, die falschen Drogen

Ich seh die Armut der Reichen, ihre Ketten aus Gold
den Schatten des Himmels, eine Landschaft in Moll

Finde die Wahrheit, hab keine Angst
finde die Wahrheit, solange du noch kannst
denn die Wege sind lang
und selbst der Tod ist nicht ihr Ende
wach endlich auf - werde Legende

Album
Hier sind die Onkelz (1995)
Finde die Wahrheit (Single)(1995)
Live in Dortmund (1997)
Gestern war heute noch morgen (2001)
Live in Hamburg (2005)

Freitag, 9. September 2011

Nichts ist für immer da



Ein leerer Bauch, ein wilder Blick
das Herz verhärtet, den Kopf im Strick
ein Tag wie jeder andere, ohne Liebe, ohne Glück
ein Schritt nach vorne und zwei zurück

Doch nichts hat bestand, nicht mal das Leid
und selbst die größte Scheiße geht mal vorbei

Laß es zu - dass die Zeit sich um dich kümmert
hör mir zu - und mach es nicht noch schlimmer
denn es gibt nen neuen Morgen nen neuen Tag, ein neues Jahr
der Schmerz hat dich belogen, nichts ist für immer da

Die Angst vor Schlimmerem treibt dich voran
denn alles, was du sahst von Anfang an
waren kleine Tragödien von Liebe und Tod
von Armut und Elend, Sehnsucht und Not

Album
Hier sind die Onkelz (1995)

Montag, 5. September 2011

Hier sind die Onkelz



Hier sind neue fromme Lieder von den Engeln in zivil
nichts ist uns heilig, kein Seitenhieb zuviel
hier sind Reime aus dem Leben, Lieder wie Orkane
Rhythmen die das Land bewegen, mehr als nur Schikane

Fahr mit uns in den Himmel, wir ebnen dir den Weg
wir öffnen dir die Augen, zeigen dir wie´s geht
hier sind die Onkelz, schnall dich an
warum willst du laufen, wenn du fliegen kannst

Hier sind neue Schweinereien von dem Feindbild Nummer eins
ihr solltet uns belohnen, denn sonst hättet ihr keins
ja wir bringen dieses Land dem Tod ein bißchen näher
wir sind geistige Verführer, Kopfverdreher

Was lange währt wird endlich gut, nie war´n wir besser
ihr hört uns nicht aus Zufall, wir sind schärfer als dein Messer
flüssiger Wahnsinn, ein Schluck Poesie
eine Überdosis Onkelz und du musst in Therapie

Album
Hier sind die Onkelz (1995)
Live in Dortmund (1997)
Gestern war heute noch morgen (2001)
Live in Hamburg (2005)

Freitag, 2. September 2011

Die Geschichte Teil 42


Kevin knallte das "Aitsch". Er war jetzt bei 2 Gramm pro Tag, das hieß, er gab ungefähr 5500 Mark im Monat für Heroin aus. Dazu kamen noch ein paat Tausender für Koks. Mit Alf hatte er sich endgültig zerstritten und schließlich ein Ladenlokal in der Albusstraße, unmittelbar neben der Cadillac Ranch, angemietet. Hier eröffnete er im Sommer 91 zusammen mit Auge seinen ersten eigenen Tattooladen, den sie "Golden Sword" nannten. Alle wussten von Kevins Heroinsucht und jeder sah wie haltlos er nach Trimmis Tod geworden war. Die Feiereien in der 28 hatten schlagartig aufgehört. Wenn Kevin alleine zu Hause war und sich zuballerte, passierte es manchmal, dass er sich etwas antat, dass er sich mit Messern malträtierte oder seine Möbel kurz und klein schlug. Kevin isolierte sich mehr und mehr von den Menschen, die nicht wie er an der Nadel hingen. Weidner war der einzige Mensch in Russells Umfeld, der ihm jedesmal die Meinung sagte. Stephan hielt Kevin gnadenlos den Spiegel vor. Ob er nicht merken würde, dass er sich den Herausforderungen des Lebens nicht wirklich stellte, dass er eigentlich nur davonlief und den Kopf in den Sand steckte ? Von Stephan bekam es Kevin knüppeldick. Oft waren sie kurz davor aufeinander loszugehen. Kevin zerbrach förmlich unter der Last, die auf ihm lag. Stephans Kritik und der bevorstehende Einstieg ins große Rockgeschäft, in Verbindung mit seiner Heroinsucht und dem Verlust des besten Freundes, die Probleme mit Moni und seiner Mutter, all das war mehr, als Kevin ertragen konnte.
Alle Lieder hatten einen konkreten Bezug zum gelebten Leben der vier Musiker, aber einige Stücke auf der neuen Platte hatte Stephan so geschrieben, dass sie aus Kevins Mund wie das Geständnis einer gewonnenen Erkenntnis klangen, so als wenn er manche Lieder nur für sich sang.


Zu einem großen Aufeinandertreffen von Onkelzfans und Onkelzgegnern kam es in der Nacht zum 25. Juli in Berlin-Neuköln. Ein Auftritt war für den 24.7. gebucht und gut 1000 Tickets waren verkauft worden. Der örtliche Veranstalter Ernie Loos wurde in den Tagen vor dem Konzert von der Presse als Nazi-Sympathisant diffamiert und abgestempelt. Überall konnte man Artikel lesen, in denen sich lokale Journalisten über den Fehltritt des Veranstalters ausließen. Vier Konzertagenturen sagten ihre künftigen Termine bei Loos ab, als sie von dem geplanten Gig der Böhsen Onkelz erfuhren. Bad Religion dürfte nicht auf der gleichen Bühne stehen wie eine "Nazi-Skin-Band". Und das obwohl Stephan einer der größten Bad Religion Fans überhaupt war und schwer auf die hochintelligenten Texte von Greg Graffin abfuhr.
Als die autonome Szene in Kreuzberg und Neuköln den Namen "Böhse Onkelz" hörte, drehte sie durch. Per Megaphon rief man den Widerstand zusammen. Etwa 100 Demonstranten machten sich schließlich auf den Weg, es den "Nazis" zu zeigen. Die Stadt Berlin hatte Ernie Loos und den Onkelz noch am selben Nachmittag eine einstweilige Verfügung reingereicht und ihnen gesagt, sie sollten das Equipment wieder einpacken, eine "Naziband" wollte man in Berlin nicht auftreten lassen. Loos verlegte den Beginn der Show einfach auf 24:00. Auf den nächsten Tag also, an dem die Verfügung nicht mehr griff und eine neue Verfügung während des Wochenendes nicht rechtzeitig beizubringen war. Was an diesem Abend passierte, war das, was später als das klassische Krawallklischee in Verbindung mit Onkelzkonzerten immer wieder Erwähnung fand. 400 Polizisten sicherten den Veranstaltungsort, während sie angegriffen wurden von Autonomen, die das Konzert verhindern wollten, von türkischen Kids, die sich hundsgemein provoziert fühlten und von Onkelzfans und Metal-Teenies, die mit ihren Tickets in die Halle drängten. Immer wieder gab es keilförmige Attacken von Jugendlichen gegen die Polizei. Die Onkelzfans bekamen reihenweise auf die Fresse. Von Autonomen und von Bullen gleichermaßen. In der Halle wurde durchgesagt, dass das Konzert es um 24:00 Uhr beginnen könnte, was den 200-300 Leuten, die schon drinnen waren, genug Zeit ließ, sich übel zuzurichten. Alle paar Minuten öffneten sich die Türen und jubelnde Fans kamen herein, die froh waren, dass sie es endlich geschafft hatten. Über Stacheldrahtzäune, durch Hintertüren, von allen Seiten, drängten versprengte Trupps vor die Bühne. Kaum einer, der nicht humpelte oder zerrissene Klamotten trug. Viele bluteten aus Nase oder Lippe. Irgendwann zog Auge sein Onkelz-T-Shirt aus und ging mit der Kamera vor die Tür. Unglaubliche Szenen spielten sich dort ab. Demonstranten rüttelten an Bullenwagen. Überall flogen Steine und brüllten Leute. Bullen prügelten auf Jugendliche ein, auch auf Mädchen. Brutal waren auch die Reaktionen der Presse. Die TAZ wusste am nächsten Morgen sofort den Schuldigen :
Die Böhsen Onkelz spielten rechte Lieder
. . . nach Polizeiangaben griffen rund 100 Demonstranten gegen 20:00 Uhr Polizeibeamte an, die zum Schutz der etwa 400 rechten Besucher aufgezogen waren . . .
. . . ein Polizist soll leichte Verletzungen erlitten haben . . .
. . . ein Skinhead soll mit einer Machete bewaffnet gewesen sein . . .
. . . die Rockgruppe Böhse Onkelz war vor Jahren durch neonazistische Texte bekannt geworden, von denen sie sich inzwischen angeblich distanziert haben. Axel Schulz : "Für mich ist eine Band solange eine Neonazi-Band, solange sie für Neonazis spielt . . ."
Skinheads waren dort gewesen, von denen einige vorläufig festgenommen wurden und nur wenige bis in die Halle gelangt waren. Von einem Nazipublikum und einer Naziband zu sprechen, erfüllte den Tatbestand von Rufmord.


"Wir ham noch lange nicht genug" erschien im August 91 und enthielt im Booklet folgende Nachricht an die Fans :
"Da uns die Öffentlichkeit und die Medien nicht die Möglichkeit geben, nur Teilwahrheiten verbreiten oder uns das Wort im Mund rumdrehen, wollen wir die Gelegenheit wahrnehmen, um Euch einiges über uns und den Verlauf unserer Karriere zu erzählen.
Waisenknaben sind wir bestimmt nicht, und wir sind uns bewusst, Dinge gesagt und getan zu haben, die starke Kontroversen hervorgerufen haben. Darunter auch Äußerungen, die wir so nicht mehr nachvollziehen können. Die Reaktion der Medien steht aber in keinem Verhältnis zu dem, was wirklich war. Wir haben uns zu keinem Zeitpunkt als faschistische Band gefühlt, obwohl uns dies bis heute unterstellt wird. Der einzig positive Aspekt an dem Widerstand, der uns bis heute entgegen gebracht wird, ist der, dass unsere Freundschaft und der Zusammenhalt in der Band verstärkt wurde. Genauso gefestigt hat sich, in unseren Augen auch der Zusammenhalt zwischen Euch und uns. Wir wissen von den Schwierigkeiten, die ihr habt, wenn ihr Euch zu uns bekennt. Wir sind uns aber sicher, dass wir eines Tages diesen vorgefertigten Meinungen und Lügen über uns die Kraft nehmen.
Danke für Eure Unterstützung." - August 91
Stephan - Pe - Gonzo - Kevin