Freitag, 12. August 2011

Die Geschichte Teil 32

Was trieb eigentlich Egoldt zu dieser Zeit ?
Zunächst einmal war er sauer über den Verlust der Böhsen Onkelz auf seinem Label. die Onkelz verkauften sich mittlerweile ganz beachtlich, und gerne würde er daran noch ein bisschen mitverdienen. "Der nette Mann" wurde seit der Indizierung 86 nur noch unter dem Ladentisch verkauft und lief seitdem noch besser. "Böse Menschen, böse Lieder" und "Mexico" verkauften sich ebenso gut, allerdings sah die Band von dem Geld keine müde Mark. 1988 brachte Egoldt zwei illegale Tonträger auf den Markt und pries sie als reguläre Alben der Onkelz in seinem Rock´O´Rama Katalog an. "Hässlich" und "Freitag Nacht" waren solche Pressungen. Nur der Track "Hässlich" war noch unbekannt, ein Abfallprodukt aus den ersten ROR-Tagen. Diese Veröffentlichungen waren von miserabler Qualität und entstanden hinter dem Rücken der Band. Die Böhsen Onkelz hatten jeden Kontakt zu Egoldt verloren. Weder hatten sie Einfluss auf seine Machenschaften, noch hatten sie einen Überblick über das, was er tat. Egoldt war abgetaucht. Nowotny, man konnte es noch nicht mit Bestimmtheit sagen, machte den Eindruck, als würde er die Band ebenso betrügen wie Egoldt. Eigentlich hätte die Band zu dieser Zeit schon mehr Geld mit ihrer Musik verdienen müssen, dennoch waren seine Auszahlungen schmal und selten.

Was tat sich in der Skinheadszene ?
Böhse Onkelz : Oh Gott ! Dieser verdammte Verrat ! Jeder aufrichtige Skin dieser Welt muss sich spätestens seit 2 Jahren klar sein, dass Böhse Onkelz die totalen Motherfucker sind! Als deutscher Skin hat man politisch zu sein. National bis zum letzten. Kein wenn und aber. Ohne Kompromiss ! Wir wollen das Reich . . ."
(Leserbrief aus Skinfanzine "Brot und Spiele")

Die in den Vorjahren unternommenen Versuche rechtsextremistischer Organisationen, Angehörige der Skinheadszene zur Mitarbeit zu bewegen, blieben auch 87 überwiegend erfolglos. Grund dafür dürften die Disziplinlosigkeit und die Suche der Skins nach "Randale" sein . . .
. . . Dennoch hat sich die Zahl der in und am Rande von neonazistischen Gruppen agierenden Skinheads im Jahre 1987 von etwa 200 auf 250 erhöht . . ."
(Aus dem Bericht des Bundesverfassungsschutzes von 1989)

Die Zahl der rechtsradikalen Exemplare innerhalb der Skinheadszene war also von 1986 bis 1988 auf die "bedrohliche" Anzahl von 250 angestiegen.

"Ja, was soll ich denn dann schreiben ?" . . .
. . . war die Frage einer Journalistin der Bildzeitung, Frankfurt, nachdem Stephan ihr erklärt hatte, dass seine Band keine "Skinband" und schon gar keine "Nazi-Skin-Band" mehr sei.
Außer Klüsener vom Metal Hammer und einigen Skin und Metal-Fanzine-Schreibern hatte sich niemand die Mühe gemacht, die Band einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Im Oktober 88 meldete sich die Spiegel TV-Redaktion bei den Onkelz und fragte nach einem Interview. Die Band willigte ein und traf sich mit dem zuständigen Redakteur und seinem Kameramann im Proberaum der Onkelz. Auszüge :

Reporter : Ja, aber, ähäm, wenn ihr euch heute davon distanziert, war das damals wirklich Massage oder ging es da um Kohle ?
Pe : Auf keinen Fall, das war halt damals so . . .
Kevin : Um Kohle ging es eigentlich noch nie.
Pe : Das war ein Gefühl, damals gab´s ja noch gar keine Skins, wir waren ja so ziemlich mit die ersten. Die erste Reihe sozusagen. Ich war völlig begeistert davon.
Stephan : Also damals, ich stehe auch heut noch zu den Sachen. Aus dem einfachen Grund, weil ich es damals so empfunden hab. Ich hab nie irgendetwas für Kohle geschrieben, sondern einfach nur, ich hab das damals so gedacht, und deswegen hab ich das so geschrieben. Heute denke ich ein bisschen anders darüber, und deswegen würdeich heute sowas nicht mehr schreiben. Weil es eben auch zuviel mißverstanden wurde. Das war nicht in meinem Sinne oder nicht im Sinne der Band.
Reporter : Man wirft euch das äh von den Fans so ein bisschen vor. Seid ihr dabei, euch äh jetzt auch politisch davon ganz zu distanzieren, oder äh, ist es so, dass ihr vielleicht sogar die Skinbewegung so ein bisschen damit verrate ?
Gonzo : Moment, was wirft man uns denn von den Fans vor ? Was man uns vorwirft, ist, dass wir keine Skinheads mehr sind.
Kevin : Die Leute, die jetzt noch Skins sind, das sind meistens, also zu 98% sind das Rechtsradikale. Oder, die sich auch politisch organisieren, weil es immer so heißt, dass man sich politisch, ohne sich nicht zu organisieren, ist man kein Skinhead . . .
Stephan : Das ist nicht mehr die gleiche Bewegung, wie sie früher war . . .
Kevin : Die Skinbewegung heute, die ist also nicht mehr unsere Bewegung. Von der distanzieren wir uns ganz weit.
Reporter : Politik ?
Stephan : Ich mach bestimmt noch mal Lieder über Politik, über Politiker oder so, aber halt, ich werd die dann nicht mit Namen ansprechen, sondern allgemein, die Situation, die hier herrscht, das werde ich bestimmt schon mal machen, aber . . .weil . . .
Reporter :  . . . die Scheinheiligkeit.
Stephan : Richtig, das ist für mich ein ganz wichtiger Punkt, weil eben diese ganze Unehrlichkeit . . .
. . . das stinkt mir halt doch ganz gewaltig. weil die Leute machen sich irgendwie alle was vor und sind irgendwie alle schizophren, das ist halt ´ne Sache, die mir dann doch immer übel aufstößt.
Reporter : Wenn der Michael Kühnen z.B. sagen würde, äh, die Böhsen Onkelz hätte ich gerne zu meinem Kameradschaftstreffen.
Stephan : Würden wir ablehnen, sofort. Würden wir lachen.
Reporter : Würdet ihr nicht machen ?
Stephan : Ne
Gonzo : Ich meine, die Republikaner haben uns ja auch schon gefragt.
Stephan : Ich meine zu Skinzeiten, hätten wir das nicht gemacht und das hätten wir auch heute nicht gemacht.
Reporter : Ihr lasst euch nicht vor den Karren spannen ?
Stephan : Vor keinen Karren. Wir spannen uns nur vor unseren eigenen Karren. Die einzige Sache, für die ich vielleicht mal benefizmäßig was machen würde, das wären so Sachen wie Greenpeace oder so was, wo ich mich wirklich persönlich inditifizieren kann, wo ich auch 100% dahinterstehen kann, aber das ist eben auch keine politische Bewegung, für mich jedenfalls nicht.
Reporter : Ja, ok. Dankeschön.
Kevin : Wann wird das ungefähr gesendet ?

Gesendet wurde dieser Beitrag nie. Die Spiegel TV-Redaktion hielt es für besser, dieses Dokument nicht zu veröffentlichen. Mehrere Gründe mögen dafür gesprochen haben. Die Kameraführung und das Licht waren miserabel und der Reporter war noch schlechter. Er stotterte und stocherte, fand nichts und stocherte weiter. Die Onkelz saßen in ihrem Proberaum und gaben Antworten, die durchaus von Interesse hätten sein können. Vorausgesetzt, jemand hätte geahnt, was ihnen noch bevorstand. In der Redaktion musste man die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen haben. Nicht nur, weil die Qualität des Rohmaterials so schlecht war, sondern auch, weil die vorgestellte Band alles andere, als eine "unglaubwürdige Nazi-Skin-Band" zu sein schien. Das Gegenteil war der Fall. Die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen war offensichtlich, entsprach jedoch nicht dem, was gewünscht wurde. Bei der Diffamierung der Band hätte der Spiegel womöglich geholfen, an einer Beihilfe zur Rehabilitation schien er sich nicht beteiligen zu wollen.

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