Mittwoch, 31. August 2011

Du kannst alles haben



Willst du meine Einsamkeit und was sie in mir weckt
willst du meine Sorgen, den Hass der in mir steckt
lass mich dein Leben komplizieren, sag einfach ja
wir tauschen Ringe und ich bin immer für dich da

Du kannst alles haben
du kannst alles haben
du kannst alles haben
alles was du willst

Willst du mein Blut, willst du meine Tränen
willst du dich verlieren, willst du mein Leben
soll ich für dich singen oder für dich töten geh´n
soll ich für dich lügen, willst du im Regen steh´n

Ich glaub du liebst mich nicht
ich glaub du liebst mich nicht
ich glaub du liebst mich nicht
ich bin wohl nicht der Richtige für dich

Willst du meine Launen, ertrag mich wenn du kannst
willst du meine Schatten, den Abszess aus Furcht und Angst
willst du meine ganze, meine ganze Existenz
willst du meine Lügen, alles das was du nicht kennst

Album
Hier sind die Onkelz (1995)
Gestern war heute noch morgen (2001)

Ich


Ich sitz nicht hier und schweige, ich lebe nicht in Angst
ich kann auch anders, ich kann das was du nicht kannst
ich trag mein Innerstes nach außen damit auch ihr es seht
um euch zu zeigen, dass es anders geht

Ich laufe gegen Mauern, ich lass mich nicht kontrollieren
ich lass mich nicht benutzen und nicht von Blinden führ´n
nichts bringt mich zum Schweigen, nicht wenn ich dazu steh
ich will mindestens die Welt verändern bevor ich geh

Ein Abend mit mir setzt deinen Geist in Bewegung
wie ein vergifteter Pfeil, eine geistige Blähung
ich bin ein Antidepressivum, Depressionsdiät
wenn ich euch nicht mehr helfen kann ist´s sowieso zu spät

Ich laufe gegen Mauern, ich lass mich nicht kontrollieren
ich lass mich nicht verarschen und nicht von Blinden führ´n
ich kann eigenständig denken, ich zweifle nicht
ihr steht im Dunkeln und ich im Licht

Album
Hier sind die Onkelz (1995)
Gestern war heute noch morgen (2001)

Dienstag, 30. August 2011

Die Geschichte Teil 41

23. Januar 1991. Landgericht Frankfurt. Die Verhandlung war ein Skandal. Kruse blieb bei seiner Notwehrgeschichte und niemand konnte ihm das Gegenteil beweisen. Trimmi wurde als aggressiv und gefährlich dargestellt, und als jemand, gegen den man sich nur mit dem Messer zur Wehr setzen konnte. "Körperverletzung mit Todesfolge", so hieß es auf einmal. Dazu kamen ein paar weitere Ungereimtheiten. Warum war die Staatsanwältin von einer anderen Strafkammer ? Warum hatte sie bis jetzt nur Wirtschaftsdelikte bearbeitet und wie kam es, dass dies ihr erster Fall von Todschlag war ? Und warum ging sie danach wieder zu ihren Wirtschaftsdelikten zurück ? Warum ging Frau Trimborns Anwalt nach dem Freispruch nicht in Revision ? Vielmehr warum zog er die Revision zurück und benachrichtigte Frau Trimborn nicht davon. Was zur Folge hatte, dass wichtige Einspruchsfristen nicht eingehalten werden konnten. Kruses Eltern betrieben ein privates Altenheim im Taunus und lebten in einer geräumigen 2,5 Millionen Immobilie. Konnte es eine Rolle gespielt haben, dass Scheuer (Anwalt von Kruse) ein bekannter Anwalt war und Kruses Familie über ungeheure finanzielle Mittel verfügte ?
Als Kruse schließlich mit den Worten "im Zweifel für den Angeklagten" freigesprochen wurde, brachen im Gerichtssaal Tumulte aus. Alle schrien durcheinander, Trimmis Vater brach zusammen und den grinsenden Kruse musste man durch einen Geheimgang in Sicherheit bringen. Sieben Monate hatte er in U-Haft gesessen, und für diese sieben Monate bekam er nun eine Entschädigung von 7000 Mark. Der Tumult im Gerichtssaal ging von allen Anwesenden aus, die sich über das Urteil lautstark empörten. Allen voran Trimmis ehemalige Kollegen und sein Chef. Interessant war die Tatsache, dass die Medien gerne solche Zwischenfälle an einem Namen festmachten. Außer Stephan war niemand von der Band bei der Abschlußverhandlung dabei gewesen. Natürlich hatte er sich aufgeregt, als das Urteil verkündet wurde. Für ihn und den Rest der Band war der Fall klar. Lieder mussten her und zwar dringend.
Eins für Trimmi

und eins für Kruse.

Einen Marathon von Schmerzen wollten sie ihm schicken, und das taten sie in Form eines Liedes. Nie wieder sollte Kruse ruhig schlafen können. Dieses Lied sollte ihn immer an das erinnern, was er getan hatte, sollte ihm nie endende Qualen bereiten. Mit Kruse waren sie noch lange nicht fertig.


Die Böhsen Onkelz waren entschlossener denn je, ihren Weg als Rockband fortzusetzen und alle Hürden zu nehmen, die man vor ihnen aufbauen würde. Dazu gehörte auch, dass sie über einen Indizierungsantrag des Kreisjugendamtes Saarlouis, der vorschlug, die "Es ist soweit" wegen Jugendgefährdung verbieten zu lassen, einfach nur lachten. Vor diesem Hintergrund, aus Schmerz, Trauer und Wut, in dieser Zeit, als Kevin anfing das H zu drücken, als der beste Freund tot und der Täter freigesprochen war, schrieb Stephan die Texte zum neuen Album. "Wir ham noch lange nicht genug" war die kompakte Antwort auf das erlittene Unrecht.
"Vom Himmel in die Hölle und von der Hölle ganz hinauf - Ein tiefer Fall nach unten und die Treppe wieder rauf." Solange, bis auch der Dämlichste begriffen hatte, dass die Böhsen Onkelz niemals aufgaben, bevor sie nicht alles gesagt hatten, was es zu sagen gab.
"Wir ham noch lange nicht genug . . ." war so nah an der Wahrheit der Onkelz, wie keines der vorherigen Alben. Jedes Lied hatte einen ganz persönlichen Hintergrund. So persönlich, dass die Band für jeden, der sie genau kannte, förmlich nackt da stand. Auch dieses Album wurde dem toten Trimmi gewidmet.
In "Zeig mir den Weg" versuchte Stephan seine Meinung über die Presse noch einmal genau zu umreißen. Dazu kam der typische "Wir sind die Geilsten"-Pathos, verpackt in eine Melodie, die so eingängig und treibend war, dass Bellaphon sich nicht weiter um die Werbung kümmern musste. Alles, was nach der "Es ist soweit" kam, waren Selbstläufer, die sofort nach der Veröffentlichung begeistert gekauft wurden.

". . . Licht und Schatten steh´n gemeinsam vor der Tür . . ." mit diesen Worten hatte Stephan unbewusst seine Psyche konkret charakterisiert. Stephan war Zwilling, wie er zweifacher nicht sein konnte. Seine Texte waren, je nach Betrachtungsweise und Ausgangspunkt, extrem verlogen oder extrem ehrlich, und genau das machte die Bewertung der Lieder durch die Öffentlichkeit so schwierig. Mit diesem Spielraum konnten die meisten Onkelzkritiker nichts anfangen. Sie projizierten ihre unbestätigten Vermutungen in diese Lieder hinein, bevor sie sie gehört hatten.
Die Böhsen Onkelz waren jetzt eine gefestigte Einheit. Unzertrennlich zusammengeschweißt durch gemeinsame Erlebnisse. Stephan war der Kopf und das Gehirn, der Antrieb und die Idee. Gonzo war Gliedmaßen und Virtuosität. Er stand unter einem Aufopferungszwang, der von ihm verlangte, sein ganzes Können zur Verfügung zu stellen, damit der Kopf sich ausdrücken konnte. Kevin war der Bauch, das Gedärm und die Eier. Er holte das Tier und die tief verborgenen Ängste herauf. Seine brutale Stimme und sein autoritäres Auftreten gaben dem Kopf Wirkung und Gestalt. Pe war das Herzstück und der Rhythmus, Auge des Orkans, Takt und Balance. Besonnen, verlässlich und souverän. So und nicht anders, setzte sich die Chemie der Onkelz zusammen.
Die Reaktionen der Fans und der Medien auf das neue Album waren gespalten. Begeisterung auf der einen Seite, Empörung und Verachtung auf der anderen. Nach wie vor gab es die Onkelzplatten nur in wenigen Läden zu kaufen. Der unausgesprochene Boykott der Musikindustrie gegenüber der Band sollte sich von nun an noch verschärfen.

Danke für Nichts


Auf einmal mögt ihr uns, wie kann das sein
gepusht wird was verkauft, schließt das uns ein
gestern noch verschwiegen, heute auf´m Cover
morgen Mama´s Liebling, Futter für die Gaffer

Du bist nicht wie ich, wie kannst du für mich reden
du weißt nicht wie ich denke, ich leb mein eigenes Leben
du weißt nicht wo ich herkomm, selbst wenn du es weißt
du weißt nicht was es heißt, ich zu sein
komm sag mir was ich meine, komm sag mir wer ich bin
analysier mich, finde nichts, und bleib ein dummes Kind

Wir sind noch lange, noch lange keine Freunde
wir sind noch lange nicht so weit, Danke für Nichts
du hilfst mir dich zu hassen, Danke für Nichts, Danke für Nichts

Ändert euren Namen sagst du, ändere deinen
nur weil du alles besser weißt, fang ich nicht an zu schleimen
nichts würde sich ändern, nicht in Tagen, nicht in Jahren
die Wahrheit ist in dir und nicht in deinem Namen

Album
Hier sind die Onkelz (1995)
Live in Dortmund (1997)
Gestern war heute noch morgen (2001)
Live in Hamburg (2005)

Montag, 29. August 2011

Ich bin wie ich bin


Ich will keine Garantie auf meinen Morgen
es ist mir scheißegal, ob ihr mich liebt
ich sehe meine Lüge, ich bin nicht blind geboren
ich lerne aus meinen Fehlern und mache daraus ein Lied

Ich frage nicht erst andere, was ich darf
wenn ich an etwas glaube, handle ich danach
ich mache was ich will, wenn es Freude bringt
ich will jemand sein, der sein Schicksal selbst bestimmt

Ich bin so wie ich bin, wollt ihr euch beschwer´n
ich weiß ich bin ein Bastard
scheißegal, ob ihr mich liebt, ich hab mich gern

Machmal sag ich ja und meine nein
machmal bin ich wirklich nett und mal ein Schwein
ja, man schafft sich nicht nur Freunde, wenn man ausspricht was man denkt
ich brauch kein Klopfen auf der Schulter solang das Feuer in mir brennt

Manchmal befahre ich den Weltraum meiner Seele
manchmal muss ich leiden um zu spüren, dass ich lebe
ich brauche keine falschen Freunde
ich weiß am besten wer ich bin

Album
Schwarz (1993)
Gehasst, verdammt, vergöttert (1994)

Das Rätsel des Lebens


Hinter deinen Trämen ist ein Geheimnis
es liegt nur verborgen, du kannst es nicht seh´n
das Rätsel des Lebens, das Wunder des Daseins
fang an es zu lösen und du kannst mich verstehn

Ich bin der König deiner Träume, deine Zuflucht in der Not
meine Schwester ist das Leben, mein Vater der Tod
ich erbreche mich in Träumen, raub den Bösen den Verstand
ich bewege mich geräuschlos, reich dem Schwachen meine Hand

Wozu Illusionen, wenn sie in Erfüllung geh´n
wozu gibt es Wunder wenn wir sie nicht seh´n
sei vorsichtig beim Träumen sonst werden sie wahr
es gibt Ebenen und Welten in die nicht jeder darf

Diese Worte sind Gemälde, Bilder meiner Seele
du brauchst ´ne Menge Phantasie um mich zu versteh´n
doch es ist alles ganz einfach und deshalb so schwer
es ist alles ganz nah und deshalb so fern

Album
Schwarz (1993)

Erkennen sie die Melodie


Hier sind die Klagen der Sehnsucht
das Lachen der Weisheit
die Schreie des Zorns
die Krankheit der Zeit
hier ist das Stöhnen des Sterbens
die Qualen der Schmerzen
hier ist Hass der begrenzt
hier sind vergiftete Herzen

Das Streben nach Ruhm, die Gier nach dem Geld
erkennen sie die Melodie
dieses Lied vergesst es nie
denn was wir euch hier geben
sind die Lieder eurer Leben

Hier ist die Sehnsucht eines Augenblicks
und sein elendes Verwelken
die Höhe von Gefühlen
und die Werte die nichts gelten
hier ist die Angst vor der Wahrheit
der Zwang sich zu belügen
das Brennen der Verzweiflung
und die Kunst sich zu betrügen

Album
Schwarz (1993)

Die Geschichte Teil 40

1991
89 - 91 war eine Zeit, in der die Onkelz häufiger Ansagen von der Bühne herab machen mussten. Immer wieder tauchten Glatzen auf, von denen einige meinten, durch das Vortragen von rechten Parolen, auf sich aufmerksam machen zu müssen. Die Skinheadszene West/Ost war inzwischen zu großen Teilen nach Rechts abgewandert. Der Hass auf Ausländer wuchs.Das viele der gewalttätigen Übergriffe gegen Ausländer von Jugendlichen angezettelt wurden, die in ihrer Freizeit unter anderem auch Onkelzmusik hörten, dürfte bei einer deutschen Hard-Rock-Formation, die 60-100 000 Einheiten verkaufte, nicht überraschen. Gaben sich diese Leute jedoch auf Konzerten zu erkennen, dann war die Band in jedem Falle dazu aufgerufen, klipp und klar Stellung zu beziehen. Ein wichtiger Punkt im Zuge der Beurteilung an der Mitschuld der Onkelz an ausländerfeindlichen Übergriffen war daher die gewissenhafte Überprüfung ihres Verhaltens auf der Bühne, ihrer Auftritte, deren Anzahl und deren Besucher. Nur 3 Gigs hatten sie als Skinheadband von 83 - 85 gegeben. Einen davon vor einer größeren Crowd von 600-700 Leuten in der Nähe von Lübeck im August 85. Von Anfang 86 bis Anfang 89 hatte es keine Konzerte der Band gegeben. Von 89 bis zum Januar 91 waren es Sieben Gigs in vier Städten. Auf dreien dieser Konzerte, die im Schnitt vor 500 Zuschauern stattfanden, tauchten Skinheads auf, deren Anzahl sich auf je 30-40 Personen belief, und die sich durch das Rufen von ausländerfeindlichen Parolen und durch Hitlergrüße unbeliebt machten. Jedesmal hatte großen Protest der übrigen Fans gegeben. Alle drei Konzerte verliefen nach einer entsprechenden Ansage der Band
friedlich und ohne Gewalt. Ausschreitungen gab es keine, wohl aber kleinere Handgemenge zwischen Autonomen und Onkelzfans. Die Polizei, die während jeder Show in großer Zahl anwesend war, hatte bisher niemals einschreiten müssen. Niemals wieder, seit Lübeck 85 wurden Böhse Onkelz Konzerte von Scheitelträgern oder Parteiangehörigen aus dem rechten Lager aufgesucht. Bereits seit den ersten Konzerten 89 war die Security von der Band angewiesen worden, solche Leute schon am Eingang abzuweisen.
Anfragen von rechten Parteien nach einem Auftritt der Band während einer Parteiversammlung oder einer Kundgebung, waren jedesmal unter lautem Gelächter abgesagt worden.
Am 11. und 12.1.91 gab es im in Offenbach zwei Onkelzkonzerte. Beide Abende verliefen friedlich und ohne Zwischenfälle. Um den Veranstaltungsort herum, kam es jedoch immer wieder zu Pöbeleien von Skinheads gegenüber Anwohnern.Die Frankfurter Rundschau schrieb am nächsten Tag :
"Böhse Onkelz sorgten für böses Blut"
. . . diese Gruppe findet ihre Fans vornehmlich unter Hooligans und Skinheads. Sie gilt aufgrund der nazi- gewaltverherrlichenden Texte auf ihren ersten Platten als faschistisch . . .
Weder gab es "nazigewaltverherrlichende Texte" auf den ersten Platten, noch waren die Fans überwiegend Hooligans oder Skinheads. Es war eine kleine Gruppe und nicht der Großteil der Fans, die 89 - 91 die Konzerte störte.

Sonntag, 28. August 2011

Das Messer und die Wunde


Kennst du die Trauer einer Mutter, die ihr Kind verliert
kennst du das Herz eines Freundes, das Leere spürt und stirbt
du hast genommen was wir liebten, hast Trauer hinterlassen
soll ich dich bedauern oder dich hassen

Du warst das Messer, er die Wunde
wer führte deine Hand
du warst der Henker, er dein Kunde
bist du ein Mörder oder krank

Kennst du die Wut, den Schmerz, das Brennen tief in mir
die grenzenlose Ohnmacht einen Bruder zu verlier´n

Sie hat verbundene Augen und heißt Gerechtigkeit
wie konnte sie dir glauben, ist sie blind in dieser Zeit
doch du musst damit leben, er ist tot und du bist frei
es wird nie wieder wie es war, es ist noch lange nicht vorbei

Du hast getötet, doch bereust du deine Tat
du hast gelogen, doch quält es dich im Schlaf
alles was du tust kommt irgendwann auf dich zurück
vielleicht wirst du verschont, vielleicht verrückt

Album
Schwarz (1993)

Worte der Freiheit


Guten Tag ich bin die Freiheit, so jetzt kennt ihr meinen Preis
leider könt ihr ihn nicht zahlen auch wenn ihr Bindesbürger heißt
jetzt tragen wir die gleichen Farben, doch sind wir alle gleich
wollt ihr die Mauer wieder haben oder heim in Helmut´s Reich

Wir spielen dieses Lied für euch da drüben
ihr habt euch selbst besiegt, dieses Land ist kein Vergnügen
man hat euch wieder mal belogen, doch was könnt ihr schon verlangen
es waren Worte der Freiheit auf den Zungen von Schlangen

Ihr sagt es geht euch schlecht und die anderen sind dran schuld
doch auch ihr habt eure Chance, man braucht mehr als nur Geduld
Demokratie ist nur ein Wort solang man sie nicht lebt
und auch die Hölle ist ein Ort der sich um die Sonne dreht

Album
Schwarz (1993)
Gehasst, verdammt, vergöttert (1994)
Gestern war heute noch morgen (2001)

Schöne neue Welt


Hört her ihr Völker und Völkchen, schlagt auf euch ein
hasst euren Nachbarn, ihr wollt doch unabhängig sein
tötet eure Brüder, vergewaltigt eure Frauen
ihr sprecht die gleiche Sprache, doch ihr könnt euch nicht vertrauen
nicht vertrauen

Schöne neue Welt
unsere Feinde sind wir selbst
so sterben Träume

Keine Roten mehr im Osten, der Feind hat kein Gesicht
die Bedrohung sind wir selbst, also hass ich einfach dich
ich hab den Glauben an euch verloren
vielleicht hab ich nie geglaubt,habt ihr Scheiße in den Ohren
ich sag euch hört endlich auf
hört endlich auf
hört auf
hört auf

Album
Weiß (1993)
Gehasst, verdammt, vergöttert (1994)

Samstag, 27. August 2011

Die Geschichte Teil 39


"Es ist soweit" war im Kasten. Sie schleuderten Nowotny die Masterbänder vor die Füße und ließen ihn stehen. Der Mord an Trimmi zögerte das Veröffentlichungsdatum der neuen LP um einige Tage hinaus, weil sie die Platte unbedingt ihrem toten Freund widmen wollten und die Druckvorlagen dementsprechend geändert werden mussten. Trimmi wurde vier Tage später auf dem Hauptfriedhof beigesetzt. Die kleine Kapelle konnte die Menschenmengen nicht fassen. Viele mussten draußen warten. Während das Lied "Erinnerungen" von den Böhsen Onkelz durch die Kapelle dröhnte, gab es wohl niemanden, der nicht weinte.

Das Leben ging weiter, gnadenlos, ohne Pause. Seit Juni 1990 und mit Abgabe der Masterbänder für die "Es ist soweit", waren die Onkelz ohne Vertragspartner. Die Platte verkaufte sich in nur zwei Wochen 30 000 mal und kletterte im August 90 bis auf die Position 37 in den Albumcharts der "Nordparade".
Mehrere Ereignisse, von denen Trimmis Tod nur eines unter vielen war, beeinflussten die Laufbahn der Böhsen Onkelz massiv. Gonzo arbeitete noch immer als Maschineneinrichter. Er war oft auf Nachtschicht, und falls es mit den Böhsen Onkelz jetzt noch professioneller werden sollte, dann müsste er sich überlegen, ob er seinen Job nicht besser kündigte. Bisher verdiente keiner der vier Bandmitglieder soviel Geld mit der Musik, dass er es sich hätte leisten können, nicht zu arbeiten. Kevin hatte sich mehrfach mit Alf Diamond zerstritten. Alf galt als Abzocker, als einer der davon lebte, Menschen über den Tisch zu ziehen, wo er nur konnte. Lange würde Kevin sein Können nicht mehr an Alf verscherbeln, der sich mit dessen Kunst allmählich eine goldene Nase verdiente. Auch Pe hatte die Schnauze voll von seinem Job. Sein Chef war ein schwerer Choleriker, geldgierig und kalt. Pe würde lieber heute als morgen kündigen. Was Stephan anging, war auch er an einen Punkt gekommen, an dem er sich neu orientieren musste. Er war jetzt der alleinige Chef und Manager der Cadillac Ranch. Der Skate- und Snowboardboom hielt zwar noch an, aber in Frankfurt und Umgebung gab es zu viele Läden. Bis zum Herbst 90 rutschten die Konten der Ranch weit in den roten Bereich. Wenn sie von ihrer Musik leben und wenn sie ihre Jobs an den Nagel hängen wollten, dann war jetzt die Zeit gekommen. Jetzt mussten Entscheidungen getroffen werden, die die öffentliche Zukunft der Band und die private Zukunft der vier Musiker, absichern konnte.

Manchmal passieren die richtigen Dinge zur richtigen Zeit. Nachdem der Nowotnyvertrag erfüllt und ausgelaufen war, meldete sich prompt der nächste Interessent bei den Onkelz. Die alteingesessene Frankfurter Plattenfirma Bellaphon Records, war auch die Firma, über die der Vertrieb von Metal Enterprises lief. Das bedeutete, dass man im Hause Bellaphon stets einen genauen Überblick über die Verkäufe der Onkelz gehabt haben muss. Selbstverständlich war eine Band, die in zwei Wochen ohne Werbung und fast ohne Livekonzerte, ohne Medienpräsenz und ohne Radioairplay 30 000 Einheiten verkaufte, nicht lange allein. Der Chef der Bellaphon rief im Herbst bei Stephan an und bat ihn zu einem zwanglosen Gespräch in sein Büro. Das war nun eine ganz andere Verhandlungsbasis, als die Onkelz sie bisher kennengelernt hatten. Auch wenn sie viele schlechte Volksmusikanten unter Vertrag hatten, waren die Böhsen Onkelz hier gut aufgehoben, dachte Stephan. Kein alberner Ein-Mann-Betrieb, sondern eine Firma mit Rechtsabteilung und mit einem richtigen Chef, der ganz beiläufig so lässige Wörter wie "Vorschuss", "monatliche Auszahlung" und "Künstlerbetreuung" fallen lies. Bellaphon bot den Onkelz einen Künstlerexklusivvertrag über drei Studioalben, plus einer Option an. Bei einer prozentualen Beteiligung, die weit höher lag, als was sie bisher bekommen hatten. Sollten sich die Böhsen Onkelz zu diesem Schritt entscheiden, dann hieße das, dass sie ihre Jobs aufgeben und sich nur noch ihrer Musik widmen würden. Lange mussten sie nicht diskutieren, jeder in der Band war dazu bereit. Im Oktober 90 feierten die Onkelz mit der Bellaphonbelegschaft ihren Einstand in der neuen Firma. Der Vertrag startete am 01.01.1991. Dass Nowotny bereits seit längerer Zeit illegale Tonträger der Band herzustellen und sie über Bellaphon zu vertreiben schien, wusste außerhalb der Firma wohl niemand.

Freitag, 26. August 2011

Deutschland im Herbst


Ich seh alle gegen alle, jeder gegen jeden
keine Achtung vor sich selbst, keine Achtung vor dem Leben
ich sehe blinden Hass, blinde Wut
feige Morde, Kinderblut
ich sehe braune Scheiße töten
ich sehe dich

Deutschland im Herbst

Ich höre weiße Geräusche, rassenreine Lieder
ich höre hirnlose Parolen von Idioten und Verlierern
ich höre die Lügen der Regierung
die Lügen eures Lebens
die Lügen über uns
ich höre dich

Deutschland im Herbst

Album
Weiß (1993)
Gehasst, verdammt, vergöttert (1994)
Gestern war heute noch morgen (2001)

1000 Fragen


1000 Fragen, die mir das Leben stellt
1000 Fragen über mich und meine Welt
kann ich mich finden indem ich mich verlier
suche ich im Nichts, bin ich ein blinder Passagier

Woher weiß der Wind woher er weht
Woher weiß der Schmerz wann er kommt und wann er geht
ich will wissen wie´s im Himmel ist, wohin die Flüsse fließen
wer welches Feuer schürt, warum wir wen erschießen

Wird die Zeit sich um mich kümmern, brauch ich Licht um zu seh´n
sind wir die Narren der Geschichte, kann man dem Schicksal nicht entgeh´n
muss ich Engelchen werden, den Himmel durchfliegen
bevor wir mit den Onkelz unsere Goldene kriegen

Album
Schwarz (1993)
Gestern war heute noch morgen (2001)

Wir schreiben Geschichte


Mein Name ist Zweifel, ist Gier, ist die Lüge
ich bin auch in dir, sieh wie ich mich vergnüge
ich zerbreche euren Willen, den Schädel, den Glauben
ich bin des Menschen schlimmster Traum, die Angst in deinen Augen

Kleines Hirn, kleiner Geist
dunkle Seele, die nichts weiss
voller Lügen, voller Leid
ihr kotzt mich an, ihr tut mir leid

Alles in Ordnung, alles wird gut
wir schreiben Geschichte mit unserem Blut
wir schreiben Geschichte, fühl dich geehrt
wir schreiben Geschichte, ein teuflisches Werk

Dein Wille zur Macht, zum Hass, zu Gewalt
belebt meine Seele, gibt meinem Körper Gestalt
sie in den Spiegel, ist das nicht fies
ich bin auch in dir, glaub was du siehst

Album
Heilige Lieder (1992)

Entfache dieses Feuer


Ich seh ein kleines Mädchen betteln und ich drehe mich herum
ich seh den Himmel weinen und ich frage mich warum
ich seh Flüsse voller Tränen, Seen voller Leid
Meere voller Dummheit, was ist los mit dieser Zeit

Was ist los mit uns ich kann uns nicht versteh´n
reich mir diene Hand, lass uns Träumen geh´n

Lass uns fliegen schöne Sehnsucht
näher an unsere Träume
lass uns wieder atmen
lass uns wieder seh´n
entfache dieses Feuer
in mir dieses Feuer
und nichts als dieser Traum wird wahr
ein Traum so fern und doch so nah

Es ist nicht grad berauschend, was ich hier seh
ich seh die Bullen töten Schwarze in L.A.
ich seh den Krieg in Jugoslawien, den Hass in unserem Land
wenn ihr etwas ändern wollt, fangt bei euch an

Das hier ist euer Erbe und wenn´s euch nicht gefällt
dann werdet bessere Menschen und ihr kriegt ´ne bessere Welt

Album
Weiß (1993)
Gehasst, verdammt, vergöttert (1994)
Gestern war heute noch morgen (2001)

Das Wunder der Persönlichkeit


Glaubst du meinen Glauben
sprichst du meine Sprache
trägst du meine Kleidung
glaubst du alles, was ich sage
sei dein eigener Meister
dein eigener Jesus, regiere dich selbst
es ist dein Ich, das du seh´n musst
nimm nicht was man dir bietet
werde erst du selbst

Das ist das Wunder der Persönlichkeit
das Wunder das du bist
das Wunder, das wir alle sind
du genau wie ich
das ist das Wunder der Persönlichkeit
das Wunder das du bist
denn bevor man andere lieben kann
liebe erst mal dich, liebe erst mal dich

Folgst du meinen Zielen
bist du mein Spiegelbild
siehst du mit meinen Augen
oder bist du etwa blind
hörst du auf meinen Namen
trägst du mein Lächeln im Gesicht
nur wenn du das nicht tust
ja, dann bist du wie ich
nimm nicht was man dir bietet
werde erst du selbst

Album
Weiß (1993)
Gestern war heute noch morgen (2001)

Lieber stehend sterben


Wir sollen bezahlen für das was hier passiert
wir tragen die Schuld für euch die ihr regiert
niemand kennt die Wahrheit doch ihr wollt uns belehr´n
eure Last auf unseren Schultern das haben wir nicht gern
denn wir sind anders, wir sind stolz und unbequem
man tötet unseren Willen darum müsst ihr doch verstehn

Ich will lieber stehend sterben als knieend leiden
lieber tausend Qualen leiden, als einmal aufzugeben

Die Hände vor den Augen, Watte in den Ohren
er hält lieber seinen Mund, er ist als Mitläufer geboren
sagt alles das was du sagst, kriecht auf allen Vieren
hatte niemals einen Willen darum kann er ihn nicht verlier´n
doch ich bin anders, ich kämpfe für mein Recht
ich bin lieber euer Onkel als euer Knecht

Album
Weiß (1993)
Gehasst, verdammt, vergöttert (1994)
Live in Dortmund (1997)
Gestern war heute noch morgen (2001)
Live in Hamburg (2005)

Mittwoch, 24. August 2011

Willkommen


Hier ist die Bombe im Arschloch der Schöpfung
für viele ein Schlag ins Gesicht
es wischt euch den Dreck aus den Augen
es führt euch vom Dunkel ins Licht
wir schlagen Löcher in die Mauer aus Lügen, unsere Waffe ist das Wort
unsere Lieder bauen Brücken, ganz gleich an welchem Ort

Willkommen im Reich der Onkelz, im Land der Illusion
im Universum deiner Wünsche, in einer anderen,in einer anderen Dimension

Hier sind Laute aus dem Untergrund, hart und unvergleichlich
ein neues Werk voll Bosheit, hier gibt es alles und das reichlich
hier ist alles erlaubt, nichts ist Gesetz, nichts ist verboten
das ist die Nahrung für Genies, kein Futter für Idioten

Album
Weiß (1993)

Fahrt zur Hölle


Unser Leben war nicht keimfrei, nicht von Engeln bewacht
doch es ist schon ganz schön hart was ihr daraus macht

Was glaubt ihr zu wissen, was glaubt ihr wer ihr seid
ihr habt jahrelang gelogen, die Presse stinkt

Für die Blinden und die Tauben noch ein allerletztes Mal
ihr wollt es immer noch nicht glauben
ihr könnt´s nicht ändern, es ist wahr
fahrt zur Hölle mit euren Lügen die wirklich niemand braucht
wir lassen uns nicht unterkriegen, niemand hält uns auf
fahrt zur Hölle

Ihr habt wie Hunde uns gehetzt, unsere Lieder verboten
ich weiß warum, denn wenn wir treten, dann nach oben
das ist das Leben, das wir wählten, wir woll´n kein anderes haben
ihr hört eh nur was ihr hören wollt, nicht was wir sagen
fahrt zur Hölle

Album
Weiß (1993)

Dienstag, 23. August 2011

Die Geschichte Teil 38 - Trimmi wird ermordet

Trotz aller Probleme lief es eigentlich ganz gut. Am 15. Juni 1990 lief es ganz besonders gut. Jedenfalls für die Deutsche Nationalmannschaft bei der WM in Italien. Es war Pe´s 26ster Geburtstag. Stephan und Pia luden ihn zu sich nach Kelkheim ein. Dort wollten sie für ihn kochen und das Spiel der Deutschen gegen die Arabischen Emirate anschauen. Später wollten sie nach Frankfurt fahren, um sich mit Kevin und Trimmi in Sachsenhausen zu treffen. Doch gegen 11:00 rief Stephan in der 28 an und sagte ab. Pe fuhr kurz darauf nach Hause und legte sich schlafen. Die 28 war während des überlegenen Spiels der Deutschen Mannschaft gut ins Brüllen geraten. Nach Stephans Anruf hielt es sie nicht länger in der Wohnung. Auge, Trimmi und Kevin bestellten einen der verängstigten Taxifahrer vor die Haustür und ließen sich geradewegs nach Sachsenhausen ins "Speak Easy" chauffieren. Schon nach kurzer Zeit stand Trimmi im offenen Hemd da, und war bereit den ganzen Laden einzuladen. Das tat er oft, wenn er etwas Geld in der Tasche hatte und guter Laune war. An diesem Abend war er besonders guter Laune. Zwischen all dem Gejohle, Gesaufe und Geschiebe musste Trimmi irgendwann die Toilette aufsuchen. Auf dem Klo traf er Auge. Nebeneinander standen sie vor der Rinne und lachten über Witze, die sie sich kurz zuvor an der Theke erzählt hatten. Aus einer der Toilettenkabinen kamen Geräusche, die sich verdächtig danach anhörten, als wenn sich dort zwei Typen gerade eine Nase Koka reinziehen würden. Auge war als erster mit dem Pinkeln fertig und verließ auch als erster das Klo. Nicht ohne sich auf halbem Wege zur Bar noch einmal umzudrehen. Durch die offene Toilettentür musste er eine Szene beobachten, die so kurz und so irreal war, dass die ganze Welt um ihn herum zu gefrieren schien. Die zwei Typen, die aus dem Klo gekommen waren, hatten Trimmi in ihrer Mitte stehen. Trimmi, mit einem Bierglas in der Hand,sah aus, als wenn er dringend Hilfe benötigte. Die Situation schrie nach einem Eingriff, aber Auge konnte sich nicht bewegen. Einer der zwei Männer hatte ein Messer in der Hand und stach es Trimmi in die Brust. Einfach so. Trimmi stürzte daraufhin panisch aus der Toilette, durch den Flur und genau in Auges Arme. Er stammelte etwas davon, dass er gestochen worden war, und er schrie Auge an, dass der etwas unternehmen sollte. Dann riß er sich los und flog auf Kevin zu, der ungläubig auf Trimmis blutende Brust starrte. Auge hatte endlich seine Fassung wiedergefunden und brach krachend durch die Klotür. Der Täter stach sofort mit seine Messer auf Auge ein. Auge hatte ein paar Schwinger landen können, blutete aber stark aus mehreren Wunden. Keine 5 Sekunden später lag Auge am Boden und fürchtete um sein Leben.
Kevin hockte draußen auf der Straße und hielt den schwer blutenden Trimmi in seinen Armen. Trimmi war kreidebleich und keuchte. Die nackte Panik sprach aus seinen Augen. Mit einer Hand hielt er sich an Kevins Kragen fest, die andere hielt er auf die Wunde gepresst. Sprechen konnten sie beide nicht.
Auge wehrte sich mit Händen und Füßen, während der Typ mit dem Messer immer noch auf ihn einhackte. Stefan Winter, das Tier, das damals Kevin im Klapperkahn beinahe totgeschlagen hatte, war mit einem Garderobenständer in die Herrentoilette eingefallen und schlug nun den Messerstecher damit nieder. Gott im Himmel, wie haben Winter und Auge diese zwei Typen zusammengetreten. Dem einen haben sie ein Ohr abgeschlagen, dass später wieder angenäht werden musste. In all dem Blut und dem Gekreische sind Auge und Winter dann nach draußen gelaufen. Sie mussten unbedingt heraus finden, was mit Trimmi passiert war. Auf der Straße hatte sich eine große Menschenmasse versammelt. Ein Notarztwagen stand dort i der schmalen Gasse, und von überall waren Polizeisirenen zu hören, die sich dem Tatort näherten. Das Messer lag noch auf dem Boden, die Täter aber waren geflüchtet. Im Notarztwagen sah Auge seinen Freund Trimmi liegen, dessen Körper sich unter den Stromstößen noch einmal aufbäumte und dann liegen blieb. Trimmi, zu diesem Zeitpunkt 23 Jahre alt, war schon nach 3 Minuten, noch bevor der Krankenwagen in die Gasse eingebogen war, in Kevins Armen verblutet. Der Tod verließ die Szene gegen 00:40.
Kevin stand blutverschmiert hinter dem offenen Notarztwagen und sah blicklos auf die Instrumente. Dort lag Trimmi unter einem weißen Tuch und bewegte sich nicht mehr. Kevin wusste nichts über den Tod, nichts über diese Art von Tod. Seine Welt, weit weg wie sie ohnehin schon war, verschwand nun vollends hinter einer dicken Milchglasscheibe.

Um 3:30 klingelte das Telefon bei Stephan : "Komm sofort in die 28. Es ist etwas passiert. Beeil dich !" Als Stephan in der 28 eintraf, bot sich ihm ein Bild der Verzweiflung. Ein paar zerstörte Rocker fand er vor und einen schluchzenden Russell, der schäumend vor Wut und Schmerz seinen Kopf gegen die Wand schlug. Stephan wollte es nicht glauben. Er wurde nervöser und nervöser und kämpfte mit den Tränen.Niemals wieder erlebte die 28 eine dunklere Nacht. Zu Hause schloss Stephan sich in sein Schlafzimmer ein und weinte 48 Stunden lang. Stephans Gefühle waren fast immer echt, klar und sauber. Er konnte krass und brutal sein, das schon, und er ließ die Leute immer wissen, was er von ihnen hielt, besonders gerne, wenn er sie nicht mochte. Aber das galt genau so für die Menschen, die er liebte. Er war in seinen Emotionen extrem geradlinig. Niemals hegte er für jemanden ungenaue Sympathien. Wenn er jemanden kennenlernte, dann war es schwer für diese Person, sein Vertrauen zu gewinnen. Gelang es ihr jedoch und Stephan akzeptierte einen Menschen, dann konnte dieser sich gewiss sein, dass Stephan ihn niemals belügen würde, dass er immer zu ihm Stehen würde. Ein Arschloch war ein Arschloch und ein Freund war ein Freund. Trimmi war der beste Freund der Böhsen Onkelz. Nicht einer der Besten, sondern der Beste.
Roland Kruse hieß der Mensch, der für Trimmis Tod verantwortlich war. Er hatte sich nach der Tat gestellt und saß bereits in U-Haft. Er war der zweite Sohn einer reichen Familie aus Bad Vilbel und war mehrfach wegen Körperverletzung und Raubüberfall vorbestraft. Laut eigenen Angaben trug Kruse (21) immer ein Messer zur Selbstverteidigung bei sich. Er sei von Trimmi mit einem Bierglas bedroht worden. Er habe in Notwehr gehandelt, gab er zu Protokoll. Mit dieser Aussage wollte sich die Band nicht zufrieden geben. Alle dachten an Rache. Aber für´s erste sollte Kruse seine Tage in unerträglicher Angst verbringen. Er sollte wissen, wessen Zorn er geweckt hatte, und diese Erkenntnis sollte ihn langsam aber sicher um den Verstand bringen.

Montag, 22. August 2011

Scheißegal


Ich hör euch reden - doch niemals fragen
ich hör euch reden - reden, doch nichts sagen
Worte, nichts als Worte - ich hab fast alles schon gehört
nichts als leere Phrasen - die nicht weh tun und nicht stör´n
ihr wollt mir sagen was ich tun und lassen muss
wo fängt was an und wo ist Schluß
ich hasse eure Lügen, eure doppelte Moral
und eure sogenannte Freiheit ist mir scheiß- scheißegal

Was ist verboten, was legal - was ist entartet, was normal
was soll ich hör´n - was darf ich seh´n
wen darf ich hassen - wohin darf ich geh´n
wen darf ich lieben - wem stell ich Fragen
wer darf mein Freund sein - was darf ich sagen

Wenn ich reden will - dann tu ich´s
ihr bringt mich nicht zum Schweigen
wenn ich kämpfen muss - dann tu ich´s
niemand bringt mich zum verneigen
denn ich hasse eure Lügen, eure doppelte Moral
und eure sogenannte Freiheit ist mir scheiß- scheißegal

Was ist verboten, was legal - was ist entartet, was normal
was soll ich hör´n - was darf ich seh´n
wem stell ich Fragen - wohin darf ich geh´n
wen darf ich hassen - wen betrügen
und wer zensiert die, die mich belügen

Album
Heilige Lieder (1992)
Gehasst, verdammt, vergötter (1994)
Live in Dortmund (1997)

Gehasst, verdammt, vergöttert


Erinnert ihr euch wie es war
es ging ganz schnell auf einmal war´n wir da
wir sind Gesandte des Himmels
Gottes rechte Hand und seine Stimme

Wir sind nicht von dieser Welt
wir sind dein Wille und tun was uns gefällt

Wir sind heilige Dämonen
wir sind Götter aus anderen Dimensionen

Wir feiern uns so lange es uns gibt
auch wenn nicht jeder Arsch uns liebt
geptiesen sei der Name dieser Band
betet zu Gott, dass ihr uns kennt

Manchmal ist es ganz schön hart
doch jede eurer Lügen macht uns stark
na du kleiner Scheißer, hör mir zu
wir sind die Onkelz, wer bist du ?

Gehasst, verdammt, vergöttert, wir war´n nie im Kirchenchor
wir war´n wirklich keine Engel, doch jetzt sind wir kurz davor
wir ham ´nen guten Draht nach oben, wir sind Gottes rechte Hand
wir sind ein himmlisches Vergnügen, das Licht in deim´ Verstand

Album
Heilige Lieder (1992)
Gehasst, verdammt, vergöttert (1994)
Live in Dortmund (1997)
Live in Hamburg (2005)

Gestern war heute noch morgen


Ich suche nach den Dingen, die nicht existier´n
ich höre dahin wo nichts ist, ich will gewinnen - nicht verlier´n
ich glaub an das, was ich nicht weiß, an den Moment, den freien Flug
es darf ruhig ein bißchen mehr sein, denn zuviel ist nicht genug

Nur der Moment zählt, der Augenblick
sieh nach vorne, nie zurück

Ein neuer Tag, neues Glück,sieh nach vorne, nie zurück
denn gestern war heute noch morgen
ein neuer Tag, neues Glück, was zählt ist nur der Augenblick
denn gestern war heute noch morgen

Ich habe keine Angst mehr, ich kenne keinen Schmerz
ich trag den Mantel des Vergessens, Narben auf dem Herz
Leere füllt sich mit Erinnerung
ich frage dich nicht mehr wieso, warum

Album
Heilige Lieder (1992)
Ich bin in dir (single) (1992)

Angst ist nur ein Gefühl


Auf der Flucht vor deinen Ängsten
auf der Flucht vor deinem Ich
auf der Flucht vor deinem Abgrund
vor dem tiefen Fall ins Nichts
auf der Flucht vor Emotionen
vor dem Schatten im Verstand
vor vergifteten Gedanken
hast du noch nicht erkannt

Es ist die Angst, die Angst die mit dir spielt
die Angst, die dich beherrscht und dir befiehlt
Schmerz ist nur ein Gefühl, der erfindet und belügt
verwirrt dich und betrügt
es ist der Schmerz, der Schmerz,
der Schmerz, der mit dir spielt
doch Schmerz ist nur ein Gefühl

Album
Heilige Lieder (1992)

Der Schrei nach Freiheit


Wasser des Lebens, trage mich
für mich aus dem Dunkel, aus dem Dunkel ins Licht
nimm mich mit auf die Reise in andere Welten
in das Land der Freiheit, in die heimat der Helden

Manchmal höre ich den Wind
manchmal hör ich wie er singt
das Lied von Freiheit
von einem neuen Morgen

Er singt :
lebe durch mich, atme durch mich
rede mit mir, sieh mir ins Gesicht
ich hör den Schrei nach Freiheit aus deinem Mund
den Schrei nach Freiheit, der nie verstummt

Zwei Körper - eine Seele, die Sonne ist Zeuge
du siehst die Bilder, die Bilder aus meinen Träumen

Du kannst mit meinen Augen seh´n
ich sag dir nichts
doch du kannst mich versteh´n
und was du suchst, habe ich verloren

Ich sag dir :
lebe durch mich, atme durch mich
rede mit mir, sieh mir ins Gesicht
ich hör den Schrei nach Freiheit aus deinem Mund
den Schrei nach Freiheit, der nie verstummt

Album
Heilige Lieder (1992)
Gestern war heute noch morgen (2001)

Ein langer Weg


Wir hatten wilde Herzen und dachten aus dem Bauch
unser Lehrer war das Leben, die Straße das Zuhaus
wir lebten nie mit Kompromissen es gab ´nen langen Weg zu geh´n
den Weg der Wahrheit nicht jeder kann ihn seh´n,
kann ihn geh´n

Es war ein langer, langer Weg
und niemand sagte es wird leicht
wir hatten nichts zu verlier´n
und kein Weg war uns zu weit

Wer hat nicht schon von uns gehört, ob er wollte oder nicht
den Namen, der so viele stört, doch alle Herzen bricht
die Band, der Mythos, die Legende, was immer man erzählt
der Gestank der Vergangenheit liegt mit auf unser´m Weg
auf unser´m Weg

Es war ein langer, langer Weg
und niemand sagte es wird leicht
wir hatten nichts zu verlier´n
und kein Weg war uns zu weit
es war ein langer, langer,
langer, langer Weg
und es wird Zeit, dass man ihn geht

Album
Heilige Lieder (1992)
Gestern war heute noch morgen (2001)

Sonntag, 21. August 2011

Die Geschichte Teil 37

1990
Trimmi, Pe und Kevin waren Profis im "Herbeilabern", das hatte schon damals in Hösbach angefangen. Immer mussten sie sich in ihren psychotischen Stories übertrumpfen. Immer musste jemand noch einen draufsetzen und wenn sich Trimmi mit seiner lispelnden Stimme erst einmal ereiferte, war alles zu spät, dann lachten sie Tränen.
Genauso laberten sie den Tod herbei. Das viele "Rauschen" in der 28, der Horror und die Pornos, all das Koks und die H-Schnupferei, das konnte nicht ungestraft bleiben. Anfangs war der Tod ein flüchtiger Besucher, der sich selten sehen ließ. Er nahm hier und dort eine Person aus dem Spiel und lauerte ansonsten geduldig auf eine Möglichkeit zum Zugriff. Als sie die Lieder für ihr neues Album komponierten, hatten sie heftig an seiner Sphäre gesogen und ab 1990 strich er durch die Weberstraße wie ein Triebtäter, der darauf wartete, dass Kevin nach Hause kam. Dann schlüpfte er mit ihm in die 28 und setzte sich ungesehen auf eine der Sofalehnen.
Die Lieder waren zu keiner Zeit schwermütiger als 1990. Das neue Album "Es ist soweit" sollte mit Abstand das Düsterste werden, was die Böhsen Onkelz jemals geschrieben hatten. Genau, wie sie es in einigen Interviews bereits angekündigt hatten. Bestimmt gab es in der klassischen Literatur einige Spezialisten, die ausführlich und bildhaft über den Sex mit Toten geschrieben hatten, eine zweite deutsche Rockband, die wie die Onkelz darüber singen konnte, gab es nicht. Nichts war näher an der Wahrheit als diese Songs. Kevin sang über seine eigene Heroinsucht, über den Wahnsinn, den die Onkelz erlebten und über seinen ganz persönlichen Wunsch nach Schmerz, über seine eigenen teuflischen Leiden-schaften. Jeder, der dieses Album hörte, sollte so leiden, wie er litt. Er war zwar nicht nekrophil und er tötete gewiss keine Kinder, aber er war in der Lage, die schizophrenen Menschen, die das taten, erschreckend echt darzustellen. Kevins Wut war zu keiner Zeit gespielt.

Der Streit mit Nowotny war soweit fortgeschritten, dass sie ihn jetzt unbedingt loswerden wollten. Jedesmal, wenn er Gonzo oder Pe alleine erwischte, riet er ihnen, dass sie sich um ihre eigene Karriere kümmern sollten, dass sie Stephan rausschmeißen sollten, weil er ein Querulant sei und weil man nicht mit ihm zusammenarbeiten könne. Am Ende waren Gonzo und Pe an einem Punkt angekommen, an dem sie es fast glauben wollten. Stephan war schließlich derjenige gewesen, der die Jungs zusammentrommelte und eine Aussprache vorschlug. Immerhin waren sie seit fast 10 Jahren eine Band, und niemals vorher hatte es solch massive Krisen gegeben wie zu dieser Zeit. Es gab Tage, da schlugen sie sich fast gegenseitig den Schädel ein. Sobald sie aber alle vier beieinander saßen, Bier tranken und ernsthaft über ihr Problem nachdachten, da wurde ihnen ganz schnell klar, wer hier der Querulant war und wer hier versuchte, einen Keil zwischen die Bandmitglieder zu treiben. Sie seien eine gute Band, sagte Stephan, schon bevor sie Nowotny getroffen hatten und sie würden es auch nach dieser Zeit sein. Nowotny sollte ihnen auf gar keinen Fall diktieren dürfen, wie sie ihre Laufbahn als Rockband zu planen hatten. Wenn es nach ihm gegangen wäre, so schien es, dann hätten sie jetzt noch Glatzen. Dieses Album noch, dann würden sie etwas anderes finden.


Neben den tiefschwarzen Songs gab es auch einige Stücke auf der "Es ist soweit", die sich bestens zum Mitsingen eigneten. Ein Song richtete sich gegen die Presse und ihre Unwahrheiten und darüber, dass es die Band trotz der Ignoranz der Medien bis hierher geschafft hatte. Gleichzeitig war es ein Jubiläumslied über ihr 10jähriges Bestehen als Böhse Onkelz, bei dem Trimmi lautstark den Refrain unterstützte.

Zu jeder Onkelz LP gehörte dieser Pathos, diese Selbstbeweihräucherung. Die Band war definitiv ihr größter Fan, und Stephan trieb es immer wieder dazu, Songs zu schreiben, die allen beweisen sollten, wie genial "seine" Band sei. Was er woanders nicht bekam, holte er sich hier. Er "laberte" den Ruhm der Böhsen Onkelz einfach herbei. Er betonte immer wieder, dass sie die beste Rockband des Universums seien. solange bis es tatsächlich jeder glaubte. Wie gerne spielte er jedem seiner Freunde seine Musik vor, solange bis sichergestellt war, dass auch jeder darauf abfuhr, solange, bis jeder begriffen hatte, worum es ihm wirklich ging. Die Leute um ihn herum waren verblüfft von der Einfachheit und der Wirksamkeit seiner Technik.