Samstag, 30. Juli 2011

Die Geschichte Teil 24 Onkelz wie wir

1987
Im "Singen und Tanzen", einem Duisburger Skinfanzine, nahmen die Onkelz erstmals schriftlich Stellung zu ihrem Ausstieg. In der Szene kursierten seit 86 die wildesten Splittgerüchte, denen Stephan und die Band jetzt entgegentreten wollten.
Stephan : "Ein für allemal : Die Böhsen Onkelz haben sich nicht aufgelöst. Ich weiß nicht, welcher Verrückte auf die Idee gekommen ist, dieses Gerücht in die Welt zu setzen. Es stimmt jedenfalls nicht . . .
. . . Wir hatten keine Lust mehr, uns in eine Ecke drängen zu lassen, aus der wir nicht mehr herauskommen. Wir wollten unseren Spaß haben, und das war zum Schluss nicht mehr möglich . . .
. . . für die Zukunft der Skinbewegung sehe ich einigermaßen schwarz. Zu viele Leute, die früher die Bewegung geprägt haben, sind verschwunden, zu viele Leute, die diesen Ruf nicht halten können sind dazugekommen . . . Wir brauchen uns von diesen Leuten nichts vorwerfen und schon gar nichts sagen lassen. Wir kennen die Sache. Die Skins, die von sich behaupten können, 4-6 Jahredazugehört zu haben, kann man an einer Hand abzählen . . ."
Ein weiterer Versuch der Band, sich 1987 öffentlich zu äußern und von der Skinheadszene zu distanzieren, war ein langes Interview, das der Soziologe M. Eberwein und der Ethnologe J. Drexler mit den B.O. Anfang Juni 87 im Rahmen eines Buchprojektes führten.

Das reguläre vierte Onkelzalbum, sollte "Die Böhsen Onkelz geben sich die Ehre" heißen. Diesen Namen verwarfen sie wieder und nannten die Scheibe "Onkelz wie wir". Obwohl der Vertrag mit Nowotny erst im Dezember 87 anlaufen sollte, kümmerte er sich eifrig um die Produktion dieses Albums und machte auch prompt die ersten Fehler. Die gesamte Gestaltung der Platte unternahm er im Alleingang. Die Ö-Striche im Wort Böhse auf dem Cover waren schlecht platziert und das Rose-Tattoo-inspirierte Foto war nicht abgesprochen gewesen. Alles in allem war die Platte dennoch ein Schritt nach vorne. Auch wenn manch alter Fan jetzt die "Dreckigkeit" in der Abmischung vermisste und "Onkelz wie wir" als zu "glatt" bezeichnete, tat der Wechsel ihnen gut.
Inhaltlich blieben die Songs dem Alkohol und der Gewalt treu. "Dick und Durstig" war ein Gassenhauer erster Güteklasse.

"Am Morgen danach" war die Schilderung eines üblen Katers.

So wie der Alkohol war auch die Gewalt gegenüber Kindern immer wieder ein geeignetes Thema für Stephan, um ein Lied darüber zu schreiben. "Der nette Mann" und "Ein Mensch wie du und ich" von den beiden ersten Alben erzählten bereits von Missbrauch und Perversion. Damit man sie nicht missverstand und damit die Leute von der Bundesprüfstelle auch etwas zu tun hatten, schoben sie gleich noch ein neues "Kunstwerk" dieser Art hinterher.

So wie ihre eigene Musik sich nun zum Heavy Metal entwickelte, änderte sich auch ihr persönlicher Musikgeschmack. Seit 86/87 gehörten Motörhead, D.R.I., S.O.D. und Nuclear Assault zum täglichen Musikkonsum. Um sich jedoch sofort über die langhaarige Headbangerfraktion hinwegzusetzen und um den Speedmetal auf´s Korn zu nehmen, schrieben Stephan und Gonzo das Instrumentalstück mit dem "Ausrufezeichen". Während der 2. Strophe konnte man Gonzo ins Mikro keuchen hören, der so tat, als wenn er außer Atem wäre und mit dem Spielen nicht mehr hinterher käme.
"Geht Eure Wege, Eure Wege allein . . .", war die letzte Nachricht an die deutschen Skins. Mehr konnten sie für ihre alten Fans nicht tun. Um die eigenen Erlebnisse zu verarbeiten und für alle Fans, die mit den Onkelz angefangen hatten und jetzt ebenfalls einen Wendepunkt in ihrem Leben erreicht hatten, schrieben die Onkelz diesen letzten Gruß :

So wie "Stolz" für viele Fans der Einstieg war, so war "Erinnerungen" für ebenso viele der Ausstieg. Die Band beurteilte die zurückliegende Zeit nicht als einen Fehler oder Irrtum, sondern als eine Erfahrung, als eine Etappe auf einem steinigen Weg. Für die Onkelz war ihre Skinheadvergangenheit damit erledigt.

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