Montag, 25. Juli 2011

Die Geschichte Teil 19 - Live aus dem Alabama

Im August 85 rief der Bayerische Rundfunk bei Stephan an. Für den 9. September war eine Fernsehausstrahlung aus der Reihe "Live aus dem Alabama" geplant. Das Thema der Sendung hieß "Ausländerfeindlichkeit", und die B.O. wollte man als Deutschlands bekannteste Skinheadband dabei haben. Stolz war in eine schnelle Pogoversion umgeschrieben worden, und jeder in der Band war total ausgeflippt, als sie darüber sprachen zum ersten Mal im Fernsehen aufzutreten und den Leuten vor dem Bildschirm ihre Art von Stolz um die Ohren hauen zu können. Erst am Nachmittag vor der Sendung wurden die Onkelz von der Aufnahmeleitung in München darauf hingewiesen, dass sie sich an der Diskussion beteiligen sollten und als Studio-Talkgäste fest eingeplant waren. Für Stephan und Kevin bedeutete das in erster Linie, dass sie gezwungen waren, Stellung zu beziehen, und dass ihnen ein Kampf bevorstand. Der Auftritt, das war jetzt auch der Band klar, war nur der Aufmacher und der Einstieg in die Diskussion über Ausländerfeindlichkeit. Als die Band ihren Song spielte, lief der Text über den unteren Bildschirmrand. bereits hier hatten sich die ersten Recherchefehler eingeschlichen. Dort wo es im "Stolz"- Song hieß : ". . . Shermans, Braces, Jeans und Boots . . .", hatten die Fernsehleute ". . . Jeans und Blut . . . " verstanden. Aus "Deutschlandfahne" wurde "Deutschland vorne" und die Zeile mit ". . . Du hörst Onkelz wenn du zu hause bist . . ." wurde ganz vergessen.
Dann ging es los. Stephan wurde als Kleintransportunternehmer von 22 Jahren und Kevin als Ex-Matrose von 21 vorgestellt. Gonzo und Pe durften nicht teilnehmen, damit es kein Übergewicht in der Runde gab.
Stephan und Kevin wurden schnell als Musterbeispiele des deutschen Proletarismus hingestellt, noch schneller, als klar wurde, wer ihre beiden ausländischen Gesprächspartner waren. Efkan, ein 22jähriger Türke, der seit 21 Jahren in Deutschland lebte und Irini, eine griechische Abiturientin von 22 Jahren, die schon in Deutschland geboren war. Gebildet, voll integriert und fotogen hatten die beiden nur wenig gemeinsam mit den Ausländern, von denen Stephan und Kevin redeten. Kevin und Stephan mussten herhalten als Ausländerfeinde.

Im Herbst saßen die Onkelz wieder im MTV-Studio und diskutierten mit Lotzi über ihre Zukunft. Wenn sie schon eine letzte Platte für Egoldt machen mussten, dann höchstens eine Mini - LP mit 6 Stücken und danach musste dringend eine neue Plattenfirma gefunden werden. Mit Egoldt waren sie fertig. Bis jetzt hatte er sie nur über den Tisch gezogen. Während der Aufnahmen tauchte Ingo Nowotny auf, der war der Inhaber des "Metal Enterprice" - Label, auf dem er mit schlechten und superschlechten Heavy - Metal - Bands den deutschen Markt belästigte. Nowotny kaufte alle Rechte an den Bandübernahme-Vereinbarungen und versprach, im nächsten Jahr eine Managerfunktion zu übernehmen. Jetzt musste aber erst noch die 3. LP für den verhassten Egoldt fertig gestellt werden. Zwei neue Songs erzählten von Sex und Suff. Das Titelstück des 3. Albums "Mexico" war ein Stadion-Knaller. Ein Lied, das sich hervorragend zum Mitgrölen eignete und das Stephan für die Fußball-WM im nächsten Jahr geschrieben hatte. Die Lust auf Fußballrandale war ihm jedoch vergangen. Seit dem Sommer 85 stand Stephan in einem anderen Block oder saß mit einem Bier und ein paar Freunden auf der Gegentribüne des Waldstadions. "Mexico" war als reines Spaßlied gedacht, und von der Brutalität der frühen Fußballsongs fehlte hier jede Spur.

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