Sonntag, 3. Juli 2011

Die Geschichte Teil 10

1982/83
Im Frühling 82 lernte Kevin das krassere Fanpotential des HSV kennen. Hier war das Klima noch rauher als im Frankfurter Waldstadion. Im Block E der Hamburger Westkurve war von Gas-, Schreckschuss - und Leuchtpistolen die Rede. Der Funke der Fußballgewalt war von England auf Deutschland übergesprungen und die Hamburger Löwen standen auf der Liste der brutalsten Hooligans ganz oben. Beim Fußball lernte Kevin den 11 Jahre älteren Hamburger Skinhead Helmut W. kennen, der in der Szene als besonders hart galt. Härte war in diesen Tagen die wichtigste Trennungslinie zwischen den Jugendlichen. Entweder einer war hart drauf, dann war er etwas wert,oder er war ein "Mitläufer", dann konnte man getrost auf ihn verzichten. Für Kevin war es wichtig, hart zu erscheinen und mit den Härtesten zusammen zu sein. Härte gab ihm ein Gefühl von Wichtigkeit und Selbstwert, ohne das er nicht existieren konnte und hinter der er seine eigene Unsicherheit verbarg.
Wenn es darum ging, nach dem Spiel noch ein paar Ausländer aufzuklatschen, war Helmut W. gerne der Aufstachler und Reintreter. Bei Kevin stieß er offene Türen ein. Kevin war bei all seiner Härte extrem leicht zu beeinflussen. Man brauchte ihn nur mit zwei, drei Worten zu motivieren, dann lies er sich mitreisen, in welche Richtung auch immer.
An Board der MS Arnis lebte Kevin in seiner eigenen Kajüte und schuftete, wie man es von einem Matrosenlehrling erwartete. Er fand Gefallen an der Vorstellung, ein Seefahrer zu sein.

Ende Juni 82 kam Gonzo nach Hamburg. Sein Wehrdienst bei der Marine sollte am 1. Juli beginnen. Schon bei seiner Einstellung griffen sie Gonzo heraus und ließen ihn durch den MAD verhören. Man fragte ihn nach seinen Freunden und Bekannten, nach Kuchen, nach Helmut W. und Kevin Russell, die alle schon bei der Polizei als ausländerfeindliche Jugendliche registriert waren. Man lies ihn gleich wissen, dass man ihn im Auge behalten würde und dass er bloß keine krummen Dinger versuchen sollte.
Gonzo, der zu dieser Zeit eine harte Phase durchlebte und unangenehm aggressiv auftrat, hatte sich in Frankfurt gleich beide Unterarme tätowieren lassen.
Kevin hatte im Lauf der letzten Monate ebenfalls einige neue Tattoos dazu bekommen und Gonzo war nun zu "Alf  Diamond" in Frankfurt - Rödelheim gelaufen und mit einem blutig glitzernden "Böhse Onkelz - Kill The Hippies" - Tattoo wieder heraus gekommen. Ein derartiger Beweis an Bandloyalität versetzte sogar Stephan und Pe in respektvolle Bewunderung.

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