Donnerstag, 23. Juni 2011

Die Geschichte Teil 7

1981
Es gab lange Phasen, in denen es Kevin nicht besonders gut ging. SeineMutter war fast täglich betrunken und sein Vater war völlig ausgeflippt, als er Kevins grüne Haare gesehen hatte. Kevin musste sich unerbittliche Beleidigungen und kränkende Demütigungen gefallen lassen. Mit zunehmendem Alter begann Kevin bewusster unter diesen Umständen zu leiden. Tagsüber war er aggressiv und impulsiv und nachts wurde er von Alpträumen gequält. Immer ging es um Monster, Teufel und Qual, um Blut und Schrecken, oder Hexen und Dämonen aus der Vorhölle.
Zu dieser Zeit war Stephan zum ersten Mal richtig verliebt. In Pia.
Während des Sommers 81 gaben die B.O. mehrere erfolgreiche Punkkonzerte im Juz.
Im September 81 fand in der Batschkapp das "Radio Isnogud Festival" statt. Das war die Promotionveranstaltung eines Frankfurter Piratensenders. Es waren mehrere Frankfurter Hippiebands gebucht und zusätzlich sollte Punkrock gespielt werden. Das Publikum, zu dem an diesem Abend auch die B.O. gehörten, bestand zu zwei großen Teilen aus Punks und Hippies und zu drei weiteren kleinen Teilen aus Linken, Normalos und Freaks. Als die Hippiebands mit ihrem Set fertig waren und man sie gebührend ausgepfiffen hatte, wurden die B.O. gefragt, ob sie nicht spontan ein paar Pogosongs vortragen wollten. Die B.O. wollten schon, aber die Hippies hatten nicht die geringste Lust ihnen ihre Instrumente zu überlassen. Diskutiert wurde darüber nicht. Kevin verteilte erst ein paar Kopfnüsse und anschließend die Instrumente an seine Freunde. Das war ein Programm, genau auf den Geschmack der Punks abgestimmt. Ohrfeigen, klitsch-klatsch und in all dem Durcheinander legten die B.O. los. "Mehr Pogo", "Harakiri", "schöner Tag". Der Pöbel rockte. Nicht einmal die Hippies konnten still stehen bleiben. Als letztes Stück spielten sie ihr neues Lied "Hippies". Das hatte gesessen. Die ersten Flaschen segelten durch den Raum, vor der Bühne entbrannte eine Schlägerei und Kevin brüllte zu allem Überfluss auch noch "Hippies ins KZ" ins Mikro. Das war zuviel. Die Batschkappleitung  und das Publikum waren extrem verärgert. Unter lautem Geschrei und einem unbeschreiblichen  Pfeifkonzert waren die Onkelz grinsend von der Bühne gegangen. Stephan und Kevin entschuldigten sich ein paar Tage später und erklärten wie es dazu gekommen war, dass man sich hat hinreißen lassen und dass man gewiss nur provozieren wollte. - Drei Wochen später gab die Batschkapp ihnen eine neue Chance. Sie galten als zu gut und zu wichtig für Frankfurt, um einfach übergangen zu werden. 
 Am 7. Oktober 1981 spielten sie zum ersten Mal als Headliner in der Batschkapp. Das war nicht ganz unbedeutend.

Kevin wusste nicht wie er sein Leben gestalten sollte. Sein Vertrauen in das eigene Handeln war klein. Seine Großmutter riet ihm eine Lehre als Matrose zu beginnen.
Im Herbst zog Stephan zu Pia und ihrer Mutter Anna nach Gravenbruch. Anna war eine lässige Mutter und nahm Stephan wie ihren eigenen Sohn auf. Weil Stephan keine Arbeit hatte und Pia noch zur Schule ging, zahlte sie den beiden ein Haushaltsgeld von 600-, DM. Dafür sollten sie für die ganze Familie einkaufen und kochen, die Wohnung sauber halten und alle anfallenden Arbeiten erledigen. Über den Herbst und den Winter kochte Stephan jeden Tag für Pia und ihre Familie. Er mochte die Verantwortung, die er jetzt übernehmen musste und er genoss es, dass Anna ihm vertraute. In dieser Zeit lernte Stephan zum ersten Mal eine harmonische Familiensituation schätzen. Bisher hatte er zu Hause selten etwas anderes als Stress und Trauer erlebt. Die Situation bei Pia und Anna dagegen war liebevoll und entspannt. Niemals kam es zu Streitereien. Während Kevin sich seiner Zukunft nicht sicher sein konnte und eher ängstlich als zuversichtlich schien, wusste Stephan, dass er sich von Hösbach und seinem Alten abgenabelt hatte und dass er nie wieder dorthin zurückkehren würde.
Im Herbst 81 begann die Frankfurter Punkszene zu zerbrechen. Es war keine Spaltung, die sich von heute auf morgen vollzog, sondern eine langsame Trennung. Ein Prozeß, der sich über mehrere Jahre hinzog.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen